Peter Filzmaier (© A&W)
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Die Antwort ist „Bildung, Bildung, Bildung“!

Peter Filzmaier

Der ORF-Politikexperte und Universitätsprofessor Peter Filzmaier ist wohl der derzeit bekannteste österreichische Politikwissenschaftler. risControl sprach mit dem Politologen über die Risiken und Schwächen einer Demokratie und mögliche Lösungswege.

von Mag. Christian Sec

 

Wie hoch ist das Risiko, dass es unsere Demokratie in zehn oder 20 Jahren nicht mehr gibt?

Filzmaier: Stand heute ist die Demokratie nicht in ihrem Bestand bedroht, sehr wohl aber in ihrer Qualität. Die Sensibilität für demokratische Grundregeln nimmt ab. Umgekehrt nimmt die Zahl jener – und das ist belegbar – zu, die Demokratiegegner sind. Sie beläuft sich laut Studien auf rund fünf Prozent. Aber noch mehr Anlass zur Sorge ist, dass rund 25 Prozent nicht deklarierte Demokratiegegner sind, aber als Skeptiker Zweifel an der Demokratie äußern, und damit möglicherweise für politische Rattenfänger in Krisensituationen zu gewinnen wären. Dass wir in Zeiten mit vielfachen Krisen leben, kann man ja nicht bestreiten.

Stand heute ist die Demokratie nicht in ihrem Bestand bedroht, sehr wohl aber in ihrer Qualität.

Oft wird nur die Gefahr von rechts für die Demokratie gesehen, ist man da auf einem Auge blind?

Filzmaier: Jede Einstufung von Risiken einer Demokratie ist Prozess einer langen Geschichte. Und während in den osteuropäischen Ländern immer noch davor gewarnt wird, dass die kommunistische Partei zurück an die Macht kommt, macht es in Österreich und in Deutschland viel mehr Sinn, vor der Gefahr zu warnen, dass die Rechtsextremen an die Macht kommen. Es gibt also nicht objektiv weltweit geltend eine Rangordnung von Gefahren für die Demokratie, sondern eine Abstufung, die von vielen Variablen abhängt, unter anderem eben auch von der jeweiligen Geschichte.

Was gefährdet die Demokratie mehr: das System oder die Person bzw. der Politiker?

Filzmaier: Beides. Es gibt eine Bringschuld jedes Einzelnen, im öffentlichen Raum – und sei es nur durch Diskussionen im Alltag – aktiv für die Demokratie zu sein. Das gilt für Privatpersonen und Politiker. Aber es gibt auch eine Bringschuld des Staates, beispielsweise durch politische Bildungsarbeit vielmehr als bisher für den Erhalt der Demokratie zu tun. Weil bei vielen möglichen Demokratiegefahren tatsächlich Bildung die Lösung wäre, allerdings ist dies nur eine Langzeitlösung. In der besten aller Welten, also eine idealtypische Mediennutzungskompetenz vorausgesetzt, würden sich viele Fake News von selbst disqualifizieren, weil sie objektiv in ihrer Falschheit ziemlich dumm sind. Aber wenn diese Bildung nicht genug intensiviert wurde und zum Beispiel nicht einmal die Kompetenz vorhanden ist, eine seriöse von einer nicht seriösen Quelle zu unterscheiden, dann existiert bereits eine offene Flanke für mögliche demokratiefeindliche Fake News.

In der besten aller Welten, also eine idealtypische Mediennutzungs-kompetenz vorausgesetzt, würden sich viele Fake News von selbst disqualifizieren, weil sie objektiv in ihrer Falschheit ziemlich dumm sind.

Ist der Mensch die Schwachstelle im demokratischen System?

Filzmaier: Ein großer Fehler ist, wenn der Einzelne glaubt, er könne seine Verpflichtung für Demokratie einfach nach oben weiter delegieren. So funktionieren Gemeinwesen nicht. Was die Macht betrifft, hat Max Weber diese als Chance definiert, auf einen Befehl Gehorsam zu finden, egal worauf diese Chance beruht. Der entscheidende Unterschied zwischen einer Demokratie und einer Diktatur ist: In einer Diktatur beruht diese Chance auf Gewalt und Gewaltandrohung. Das ist ein Machtinteresse, das Politiker nie haben dürfen. Auch in einer Demokratie ist Macht notwendig und es ist ein legitimes Machtstreben der Politiker, Mehrheiten zu finden, um ihre Vorstellungen durchzusetzen. Nicht der Machtbegriff ist per se das Problem. Problematisch wird es dann, wenn der Politiker es im ureigensten Sinne nicht als demokratisch legitimierte Macht versteht. Das führt dann beispielsweise zum Suchen und Ausreizen von Schlupflöchern im Rechts- und Verfassungssystem. Lange Zeit waren etwa Vereinskonstruktionen als versteckte Form der Parteifinanzierung nicht strafbar, sogar der Mandatskauf eines Sitzes im Parlament wird erst jetzt so richtig unter Strafe gestellt.

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