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Mit Anleihen Kursverlusten in die nächste Bankenkrise

von Michael Kordovsky

Die massiven Leitzinsanhebungen der Fed, EZB, SNB und Bank of England haben Nebenwirkungen, was die jüngsten Bankenschieflagen zeigten. Vor allem dann, wenn Banken nach reihenweisen Kontobehebungen zur Liquiditätssicherung Anleihen verkaufen müssen, wird es kritisch. Vor allem Staatsanleihen sind gegenüber den einstigen Hochs tief im Minus und realisierte Verluste vernichten Eigenmittel der betreffenden Banken.

Wie weit es fehlt, kann anhand folgender US-Staatsanleihe illustriert werden:

Fälligkeit 15.11.2050; Kupon: 1,625 %, USD, ISIN: US912810SS87: notiert zu 60,03 % (26.05.) und liegt auf 3 Jahre betrachtet 40,26 % im Minus bei einem 1-Jahres-Verlust von 18 %!

Diese Verluste erinnern wohl eher an spekulative Aktien. Doch nachdem die Fed ihre Leitzinsen um 5 Prozentpunkte anhob, ist dies kein Wunder. Je länger nämlich die Laufzeiten sind, desto höher werden die Durationsrisiken bzw. die Zinshebel.

Auf breiter Front haben Pensionskassen und Lebensversicherer derartige Papiere für ein nur minimales Zinsaufgeld während der Niedrig- bzw. Negativ-Zins-Phase 2015 bis 2021 in ihre Depots gelegt. Die Verluste heute sind schmerzhaft. Während die Superreichen über ihre Family Offices mit Hilfe der besten der besten Vermögensverwalter erfolgreich in Sachwerte, wie Aktien, Private-Equity, Infrastruktur und diverse lukrative Segmente des Immobilienmarktes investieren, wird das Geld der kleinen Leute durch Inflation und Anleihenkursverluste reduziert.

Doch auch Großbanken in den USA, begingen die gleichen Fehler, was folgende Daten zeigen:

  • Laut Wissenschaftlern der New York University sitzen US-Banken wegen der Zinswende per 31.12.2022 auf unrealisierten Verlusten von 1,7 Billionen Dollar verglichen mit einem kumulierten Eigenkapital von 2,1 Billionen Dollar im gesamten US-Bankensystem (Drechsler, Savov, Schnabl, März 2023).
  • Laut einer gemeinsamen Studie von Ökonomen verschiedener US-Universitäten sind nach dem Zusammenbruch der SVB noch weitere 186 Banken vom Konkurs bedroht, selbst wenn nur die Hälfte ihrer Kunden beschließen sollten, ihre Einlagen abzuheben (Stand März 2023).
  • Für die USA haben Ökonomen Mitte März 2023 ausgerechnet, dass 186 Banken dort zusammen auf rund zwei Billionen Dollar Buchwertverlusten sitzen. (Quelle: FOCUS online).
  • In einem Interview mit der Financial Times ging Mitte April 2023 der ehemalige US-Finanzminister und Goldman Sachs Chef, Hank Paulson, davon aus, dass im laufenden Jahr aus US-Banken bereits Spareinlagen in Höhe von einer Billion Dollar abflossen.

Die Schieflagen der First Republic und SVB waren erst der Anfang. Das breite Problem der Anleihenkursverluste spricht für weitere US-Bankenpleiten und ist die Nebenwirkung der einstigen „ Phase der finanziellen Repression“, in der Sparer und Anleger durch Nullzinspolitik und Anleihenstützungskäufe  der Notenbanken um ihre Zinserträge gebracht wurden. Diese Problematik betrifft auch Europa und droht in einer gewissen Zeitverzögerung auch Japan zu erfassen. Mehr zu dieser Thematik und einer ertragreicheren Geldanlage lesen Sie in der kommenden Printausgabe.

 

 

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