in

Transition Finance: Böse oder sinnvoll?

Von Andreas Dolezal Certified CSR Expert

Große Geldgeber wie Banken, Versicherungen und Vermögensverwalter stehen regelmäßig am grünen Pranger, weil sie immer noch fossile Projekte finanzieren bzw. in diese investieren. Der Vorwurf lautet, dass sie damit die globale Klimakrise mitfinanzieren. Was wäre die Alternative? Erdöl, Erdgas und Kohle ab morgen nicht mehr zu fördern? Das ist wenig bis gar nicht realistisch.

Ja, das globale Klima befindet sich im Wandel. Ja, die globalen Durchschnittstemperaturen erklimmen Rekordwerte. Ja, unsere westliche Wohlstands- und Wegwerfgesellschaft verursacht enorme Schadstoffemissionen und Müllberge. Ja, wir gehen zu sorglos mit unserer Umwelt und Natur um. Und trotzdem ist der sofortige Verzicht auf fossile Energieträger und Rohstoffe ein ideologiegetriebenes Wunschszenario, dass in die Kategorie „grüner Traum“ fällt.

Schmutzige, aber harte Fakten

Klimaschützer und -kleber, grüne NGOs und ebenso gesinnte politische Parteien bekommen angesichts des letzten Absatzes vermutlich prompt Schnappatmung. An den harten, zugegeben auch schmutzigen Fakten, die uns die Realität beschert, ändert das allerdings nichts.

Werfen wir nur einen Blick auf fossile Treibstoffe: Europa verfügt aktuell über einen PKW-Bestand von etwa 250 Millionen Fahrzeugen. Die allermeisten davon werden mit Benzin oder Diesel betrieben. Gibt es diese fossilen Treibstoffe ab morgen nicht mehr, stehen Millionen PKW still (und würden damit schlagartig wertlos, was einer enormen Vernichtung von Volksvermögen entspricht). Sehr gut, werden Klimaschützer sagen, zum Stillstand verdammte Stinker-PKWs sind gut fürs Klima. Ja, aber …

Nicht nur Millionen PKWs würden stillstehen, auch zehntausende LKWs, die unter anderem unsere Nahversorgung sicherstellen, Einsatzfahrzeuge von Rettung, Polizei und Feuerwehr, ebenso die Traktoren und Mähdrescher von Bauern, die uns mit Nahrungsmitteln versorgen. Auch Baumaschinen, Omnibusse, Schiffe und viele Lokomotiven würden sich nicht mehr von der Stelle bewegen.

Die vielen, vielen Fahrzeuge, die auch in ferner Zukunft weiterhin mit fossilen Treibstoffen betrieben werden (darunter auch Panzer und Militärfahrzeuge), entlarven das von der EU beschlossene Verbrenner-Aus in PKWs ab dem Jahr 2035 als reine Symbolpolitik. Vergleiche mit dem Plastiksackerl-Verbot inmitten tausender Plastikverpackungen im Supermarkt liegen nahe.

Stillstand in Wirtschaft und Gesellschaft

Aktuell käme ohne fossile Treibstoffe unser wirtschaftliches und gesellschaftliches Leben zum Stillstand. Viele Millionen Menschen kommen nicht mehr zu ihrem Arbeitsplatz (von denen es viele gar nicht mehr geben würde). Supermärkte werden nicht mehr mit frischen Waren beliefert. Häuser brennen ab, Verletzte verbluten und Plünderungen nehmen zu, weil Feuerwehr, Rettung und Polizei nicht mehr zum Einsatz kommen. Auch die Notstromversorgung von Krankenhäusern mit Diesel-Generatoren wäre nicht mehr gesichert. Die Idee, ab morgen auf Erdöl zu verzichten, ist ein nettes Gedankenexperiment, geht aber an der Realität vollkomme vorbei.

Nicht nur als Treibstoff wird uns Erdöl noch lange erhalten bleiben. Denn auch Fußbodenbeläge, Kleidung, Lacke und Farben, Autoreifen und Teer für Straßen (die auch Elektroautos brauchen), Medikamente und Kosmetik entstehen aus diesem fossilen Rohstoff. Ganz zu schweigen von Plastikverpackungen für Lebensmittel, Zahnpasta & Co. Besser, wir freunden uns mit dem Gedanken an, dass unsere Gesellschaft auf Erdöl so schnell nicht verzichten kann.

Fossile Treibstoffe und Rohstoffe werden uns noch jahrelang begleiten. Sie zu verteufeln, führt zu nichts. Wir werden Erdöl, Erdgas und Kohle nach viele Jahre lang fördern und verarbeiten. Was spricht also dagegen, in fossile Projekte zu investieren, um Förder- und Produktionsprozesse wenigstens umwelt- und klimafreundlicher zu machen? Warum werfen wir Ölkonzernen, die Solar-Parks zur grünen Stromversorgung bauen, immer gleich Greenwashing vor? Eine mit erneuerbarer Energie versorgte Raffinerie wird dadurch zwar nicht zum Klimaschutz-Vorreiter, aber zumindest weniger umweltschädlich.

Lesen Sie mehr dazu in der Dezember Ausgabe von risControl Print

Neuer Regionalleiter

Ungarische Zusammenarbeit