KommR Hannes Dolzer Fachverbandsobmann der Finanzdienstleister ©Robert Frankl
in

Arbeiterkammer Studie – Stellungnahme

Fachverband Finanzdienstleister

Die Arbeiterkammer hat eine Studie zu Provisionen bei Lebensversicherungsverträgen veröffentlicht. In dieser wurde unter anderem dargestellt, dass sich Vermittler (Banken, Versicherungen, Finanzdienstleister) nicht im gewünschten Umfang an die Transparenzverpflichtungen bezüglich Provisionen halten. KommR Mag. Hannes Dolzer, Fachverbandsobmann hat sich daher die in der Studie gebrachten Berechnungen näher angesehen und unter anderem festgestellt, dass die der Studie zugrundeliegenden wissenschaftlichen Methoden nicht nachvollziehbar sind.

„Die angeführte Studie wurde von Wolfgang Staudinger und Mag Christian Prantner am 1. Dezember 2023 (im Verlag Arbeiterkammer Wien) veröffentlicht.

In dieser Studie wird aus Sicht von Hannes Dolzer mit (wissenschaftlich) nicht nachvollziehbaren Methoden, von denen in weiterer Folge ein paar beispielhaft aufgezeigt werden, offensichtlich versucht die Honorarvermittlung als in jedem Fall kostengünstigste Vermittlungsform für fondsgebundene Lebensversicherungen darzustellen (und gleichzeitig Werbung für einen Vermittler solcher Angebote zu machen). Dies, obwohl die Autoren auf Seite 6 ihrer Studie selbst folgendes erklären: „… Daraus ist das Fazit zu ziehen, dass Honorarberatungsmodelle nicht in jedem Fall Kostenvorteile gegenüber provisionsbasierten Tarifen ausweisen.“ Hier ergibt sich bereits der erste Kritikpunkt:

  • Auf Seite 7 der Studie wird als Vorteil der Honorarberatung

dargestellt, dass bei Honorarmodellen „höhere Ablaufwerte und Rückkaufswerte möglich sind“. Bei den Nachteilen von Honorarmodellen wird vice versa aber nicht festgehalten, dass niedrigere Ablauf- und Rückkaufswerte möglich sind. Konsumentenschützer und Aufsichten gehen seit Jahren massiv gegen irreführende und einseitige Darstellungen im Finanzdienstleistungsbereich vor. Es stellt sich die Frage, ob es sich in diesem Fall nicht auch um eine irreführende (weil einseitige Darstellung von Vorteilen) handelt. Die AK-Wien sollte sich fragen, wie sie reagieren würde, wenn ein Vermittler diese Information auf seiner Website genau umgekehrt darstellen würde: „Ein Vorteil von Provisionsvermittlung besteht darin, dass höhere Ablauf- und Rückkaufswerte möglich sind!“

 Auf Seite 11 der Studie bei der Darstellung des aufwandsbezogene Honorarmodells wird nur jenes der Firma fynup verwendet. In der entsprechenden Fußnote ist angeführt, dass „kein anderer Anbieter gefunden wurde, welcher ein aufwandsbezogenes Honorarmodell anbietet“. Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass Studienautor Wolfang Staudinger Geschäftsführer von fynup ist. Das diese Information unseriös ist, kann leicht belegt werden, weil im Jahr 2023 eine mit Unterstützung des Fachverbandes Finanzdienstleister, des Fachverbandes Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten, dem Bundesgremium der Versicherungsagenten sowie meine-weiterbildung.at durchgeführte Markterhebung gezeigt hat, dass von 992 befragten Versicherungsvermittlern rund 6% (auch) Honorarvermittlung anbieten und es in diesem Bereich auch (andere) Betriebe gibt, die aufwandsbezogene Honorare anbieten. Es stellt sich somit die Frage nach möglichen Interessenskonflikten des Autors. Wie hoch war die Motivation andere Anbieter zu finden? Warum wurde nicht zB bei den Interessensverbänden nachgefragt, ob diese über Daten verfügen. Eine Information über die Methodik der diesbezügliche Datenerhebung fehlt in der Studie. So ist zumindest die Optik wohl gar nicht gut …

  • Weiters wird auf Seite 7 folgendes geschrieben: „Klar definierte Preise für die Beratung machen andere Kostenelemente sichtbarer…“ Hier werden die Preise für die Beratung und Vermittlung vermischt. In der Studie wird in Bezug auf das aufwandsbezogenen Honorarmodels einzig die Firma fynup mit einem Mindesthonorar von € 350 angeführt. Und damit ist wohl ganz offensichtlich das Honorar für die Vermittlung gemeint. Es ist bedenklich, dass die Autoren nicht zwischen Vermittlungs- und Beratungshonorar unterscheiden (können oder wollen). Darüber hinaus stellt sich die Frage inwieweit, dass von „fynup“ angebotene Vermittlungshonorar aus Praxissicht (für Konsumentenschützer zu) intransparent sein könnte. Beim Provisionsmodell ist es nämlich so, dass in dem Moment, in dem bei Fondspolizzen die Angebote (mit der 0% Performance) vorgelegt werden, KonsumentInnen durch eine einfache Subtraktion sofort sämtliche Kosten (nicht nur Provisionen) über die gesamte Laufzeit berechnen können. Beim Modell des aufwandsbezogenen Honorars wird – wie im Falle der Studie von fynup – bezüglich Vermittlung (und in weiterer Folge auch Betreuung) im ersten Schritt „nur“ einmal die konkrete Höhe der Mindestkosten angegeben. Die Höhe der gesamten Vermittlungskosten ergibt sich erst im Laufe des Vermittlungsprozesse bzw. unmittelbar vor Vertragsabschluss – weil ja erst in diesem Moment feststeht, wie hoch das Honorar für die aufgewendete Zeit des Vermittlers ist.

Zum Nachdenken aus Sicht von KonsumentInnen: je interessierter gefragt wird und je besser über die Produkte aufgeklärt werden soll, desto teurer wird es. Verleitet das KonsumentInnen nicht dazu die Beratung und (persönliche) Aufklärung möglichst kurz zu halten? Ist das im Sinne des Konsumentenschutzes? Warum wird in der Studie nicht auf diesen Nachteil (bei aufwandsbasierten Honorarmodellen) hingewiesen? Wurde das einfach übersehen?

  • Bei den Berechnungen und Praxisbeispielen in der Studie sind die Ansparprämien entweder so hoch wie in etwa die Durchschnitts- bzw. Medianwerte in Österreich (rund € 100 bis € 110 pm) oder wesentlich höher (zB € 400 pm). In keinem einzigen der Beispiele wird aber auf eine Prämie zurückgegriffen, die unter der

Durchschnittshöhe liegt. Die schon unter Punkt 2 zitierte Markterhebung zeigt, dass in 13% der Fälle die Prämie unter € 100 pm liegt und in rund 25% der Fälle darüber. Wenn nun bekannt ist, dass Provisionsmodelle umso vorteilhafter sind, je geringer die laufenden Prämien sind, stellt sich die Frage ob auf Berechnungen mit geringeren Prämien „einfach vergessen“ wurde oder diese bewusst außen vorgelassen wurden. Wiederum fehlt eine Erklärung warum genau die gegenständlichen Prämienhöhe gewählt wurden (und andere nicht). So bleibt abermals eine schiefe Optik.

  • Bei der Berechnung „blau“ auf Seite 13 der Studie ist eine Nachrechnung der Werte auf Basis der angegebenen Parameter mit der Software des Versicherers nicht möglich. In der Studie wird zB eine Einzahlung (Prämiensumme) von € 43.680 angegeben. Die ergibt sicher aus einer monatlichen Prämie von € 104. In den € 43.680 sind aber offenbar weder das gesonderte einmalige Vermittlungshonorar noch das laufende Betreuungshonorar enthalten. Wie diese Kostenfaktoren berücksichtigt werden, wird nicht beschrieben. In diesem Zusammenhang wird auch hingewiesen, dass fynup selbst auf der Website (Anmerkung: diese Information ist nur über einen Zusatzklick abrufbar- Frage Transparenz) darauf hinweist, dass „größere Berechnungsabweichungen möglich sind“ und es „bei der Berechnung der Fondskosten-Rückerstattung (Kick-Backs) es zu höheren Abweichungen kommen“ kann. Zwar sind in der Studie einzelne Kostenfaktoren angegeben, wie aber konkret gerechnet wurde ist nicht angegeben. Daher sind die Berechnungen (wissenschaftlich) als nicht nachvollziehbar und daher unseriös zu bewerten.

 

Besonders dramatisch ist in diesem Zusammenhang aber, dass bei Anklicken des Links „zur Berechnung“ den LeserInnen nicht die Methodik der Berechnungen offengelegt wird, sondern abgesehen von den ausgewiesenen Fondskosten im Produkt nur das fertige Ergebnis der Berechnungen gezeigt wird und gleich daneben ein „fynup Vorschlag“ dargestellt ist, welcher zu einem um 10% höheren Gewinn führen sollte. Hier werden die LeserInnen ganz offensichtlich – unter dem irreführenden Deckmantel der Offenlegung der mathematischen Methodik – zur Werbung für ein Produkt, welches von einem der beiden Studienautoren (als CEO des angeführten Unternehmens) angeboten wird, geführt. Die Frage nach Seriosität (und irreführender Information) sollte sich hier wohl auch jeder der beiden Autoren stellen.

  • Das, was aber am stärksten den Eindruck erweckt, dass die Studie unseriös und manipulativ ist, ist der Umstand, dass bei der Auflistung von Vor- und Nachteilen von provisionsbasierten Lebensversicherungstarifen – und Honorarberatung der Punkt „Vorteile der provisionsbasierten Lebensversicherungstarife“ (Anmerkung: wie zB niederschwelliger Zugang zu Finanzmarktprodukten – weil vorab keine zusätzlichen Einmalausgaben anfallen) schlichtweg weggelassen wurde. Dies lässt Rückschlüsse auf die Grundeinstellung der Autoren zu und stellt somit nochmals die Seriosität der gesamten Studie grundlegend in Frage. Sollte seitens der Autoren erklärt werden, dass es „keine Vorteile“ gibt, sollten diese ihre Ausarbeitung nicht als Studie präsentieren, sondern als Werbeinformation kennzeichnen, was übrigens auch aus anderen bereits angeführten Gründen passender wäre.

Der Fachverband Finanzdienstleister vertritt die Ansicht, dass sowohl provisions- als honorarbasierte Vermittlungsmodelle ihre Daseinsberechtigung haben und im konkreten Einzelfall zu berechnen ist, welche Variante für KonsumentInnen günstiger, aber auch abhängig von den jeweiligen Bedürfnisse der KundInnen besser geeignet ist. Denn: nicht immer ist das billigste Produkt auch das Beste. Die Wahl des Vermittlungsentgelts muss in einer freien Marktwirtschaft frei vereinbar bleiben und darf nicht durch offensichtliche Werbung für einen Produktanbieter und unseriöse Darstellungen in einer Studie in Frage gestellt werden.“

Neuerungen in der Unfallversicherung

Tierkranken­versicherung