Der Gläubigerschutzverband Creditreform hat die endgültigen Zahlen zu den Firmeninsolvenzen im ersten Halbjahr 2024 in Österreich veröffentlicht, und die Ergebnisse sind alarmierend. Die Anzahl der Firmeninsolvenzen stieg um 26,4 Prozent auf insgesamt 3.363 Verfahren. Besonders auffällig ist der Anstieg der eröffneten Verfahren um 34,6 Prozent auf rund 2.100. Auch die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzen erhöhten sich um 14,7 Prozent auf 1.264.
Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer des bevorrechteten Gläubigerschutzverbandes Österreichischer Verband Creditreform, analysiert die Ursachen dieser Entwicklung und stellt fest, dass die Pandemie keine Rolle mehr spielt. Vielmehr sind es die anhaltende Wirtschaftsflaute, leere Auftragsbücher, steigende Kosten und bürokratische Hürden, die den Unternehmen schwer zu schaffen machen. „Die Unternehmen kämpfen an zahlreichen Fronten und verlieren immer öfter diesen Kampf“, erklärt Weinhofer.
Eine Umfrage von Creditreform aus dem Frühjahr unter 1.400 österreichischen Unternehmen zeigt ein düsteres Bild des Geschäftsklimas. Es ist negativer als am Höhepunkt der Pandemie, geprägt von sinkenden Erträgen und Aufträgen sowie einer geringen Investitionsbereitschaft. Die Auftragserwartungen sind so pessimistisch wie seit 30 Jahren nicht mehr. Insgesamt belaufen sich die Insolvenzpassiva auf rund 11,2 Milliarden Euro, wobei 11.000 Arbeitsplätze betroffen sind. Besonders prominent waren Insolvenzen aus der SIGNA-Gruppe, einschließlich des Einzelunternehmers Rene Benko, sowie zahlreiche bekannte Unternehmen wie Fisker GmbH, Windhager Zentralheizung Technik GmbH und Brucha GmbH.
Die regionalen Unterschiede sind beträchtlich. Vorarlberg (+74,1 %), das Burgenland (+67,0 %) und die Steiermark (+33,2 %) verzeichnen den stärksten Zuwachs. Wien weist die höchste Insolvenzbetroffenheit mit fast 15 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen auf, während Tirol mit 5 von 1.000 Unternehmen die geringste Rate hat. Generell sind Unternehmen im Osten Österreichs stärker insolvenzgefährdet, und österreichweit müssen etwa 9 von 1.000 Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen.
Auch der Branchenvergleich zeigt erhebliche Unterschiede. Die Insolvenzen steigen am stärksten in der Sachgütererzeugung (Industrie) und im Kredit- und Versicherungswesen jeweils um 44,6 Prozent, sowie im Transportwesen um 44,4 Prozent. Trotz des starken prozentualen Zuwachses zeigt sich die Industrie im Branchenvergleich krisenresistenter als andere Sektoren, kämpft jedoch mit Auftragsrückgängen, hohen Löhnen und Energiekosten, Fachkräftemangel und bürokratischen Hürden. Die meisten Insolvenzen werden im Handel (625), Bauwesen (598) und in Unternehmensbezogenen Dienstleistungen (500) verzeichnet. Der Handel leidet unter rückläufigem Binnenkonsum, während der Bau mit hohen Kosten und Zinsen zu kämpfen hat. Die höchste relative Insolvenzbetroffenheit besteht im Transportwesen und Bau mit jeweils rund 25 Insolvenzen pro 1.000 Branchenunternehmen.
Für das Gesamtjahr 2024 erwartet Gerhard Weinhofer mehr als 7.200 Firmeninsolvenzen, was einen neuen Rekord seit 15 Jahren darstellen würde.