Die Babyboomer sind dabei, in Pension zu gehen, mit großen Auswirkungen auf den Staatshaushalt. risControl hat Christine Mayrhuber Leiterin der Alterssicherungskommission und die stellvertretende Direktorin des WIFO befragt, wie es um die zukünftige Finanzierbarkeit des Pensionssystems steht.
Für den Versicherungsexperten des WIFO, Thomas Url, wäre das Pensionssystem „auch ohne große Reform“ weiterhin durchführbar. Es würde vermutlich drei bis vier Prozent zusätzlich vom BIP brauchen, so Url. Laut dem Bundesfinanzrahmen werden derzeit 14,6 Prozent des BIPs für Pensionen ausgegeben. Bis 2030 soll dieser Wert auf 15,1 Prozent ansteigen. Christine Mayrhuber, Pensionsexpertin sowie stellvertretende Direktorin des WIFO und Vorsitzende der Alterssicherungskommission, erklärt dazu auf Anfrage von risControl, dass die Finanzierbarkeit des österreichischen Alterssicherungssystems kein autonomes, von wirtschaftlichen Gegebenheiten unabhängiges System ist, sondern wesentlich von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängt. Die langfristige Sicherheit der Pensionen hängt damit von der Zahl der Beschäftigten und deren Löhnen ab. Neben dem Beschäftigungsniveau muss ein stabiles Pensionssystem auch einen möglichst späten Erwerbsaustritt berücksichtigen, erklärt Mayrhuber. Reformprozesse müssen stets beide Bereiche adressieren. Dabei spielen drei Akteure eine gewichtige Rolle, erklärt Mayrhuber: Die Politik als Gestalterin der Rahmenbedingungen, die Unternehmen als Gestalter der Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen und die Erwerbstätigen. „Herausforderungen bestehen für alle drei Bereiche“, so Mayrhuber.
Mit 30 Jahre Verspätung
Auf politischer Ebene stellen die gesetzlichen Altersgrenzen zentrale Eingriffsmöglichkeiten dar. Bis zum Jahr 2033 wird das Pensionsalter der Frauen durch die Anhebung von sechs Monaten pro Jahr an das der Männer (65 Jahre) angeglichen sein. Aber dies sollte nur ein Anfang sein, geht es nach Mayrhuber. „Die Verlängerung der Erwerbsphase auch durch eine weitere Veränderung des Regelpensionsalters nach 2033 sollte in naher Zukunft konzipiert werden, damit sich Unternehmen und Beschäftigte darauf einstellen können.“ Mit einer Verzögerung von fast 30 Jahren könnte Österreich damit dem Beispiel Deutschlands folgen. Nachdem dort die Angleichung des Pensionsalters der Frauen an das der Männer auf 65 Jahre bereits 2004 abgeschlossen wurde, beschloss die deutsche Regierung 2007 die schrittweise Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters auf 67 Jahre. Aber es bedarf nicht nur der Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters, sondern auch finanzieller Anreize für einen späteren Renteneintritt, ist Mayrhuber überzeugt. Diese Anreize können vielfältig sein und reichen von erhöhten individuellen Zuschlägen für eine Verlängerung der Erwerbstätigkeit über das reguläre Renteneintrittsalter hinaus bis hin zur Unterstützung von Unternehmen mit einem überdurchschnittlichen Anteil älterer Beschäftigter. Hier könnte z.B. Japan als Vorbild dienen. 50 Prozent der 65- bis 69-jährigen Japaner gehen heute einer Erwerbsarbeit nach. Fast 40 Prozent der japanischen Unternehmen halten ihre über 70-jährigen Mitarbeiter in Beschäftigung. Die demographische Entwicklung des Inselstaates nimmt einiges vorweg, was uns in Europa noch blüht. Rund 30 Prozent der Bevölkerung sind in Japan über 65 Jahre und auf jeden Pensionisten kommen weniger als zwei Erwerbstätige.
Laut Prognosen wird Österreich im Jahr 2040 diesen Punkt erreicht haben, in dem nur noch zwei Erwerbstätige auf einen Pensionisten kommen, derzeit sind es noch drei. Für Mayrhuber ist jedenfalls klar, dass der demographische Wandel dazu führt, dass Unternehmen ihre Arbeitsbedingungen an eine älter werdende Erwerbsbevölkerung anpassen müssen, um eine Erwerbstätigkeit bis zum regulären Renteneintrittsalter und darüber hinaus zu ermöglichen. „Eine bessere Abstimmung der Arbeitsplatzanforderungen mit den vorhandenen gesundheitlichen und fachlichen Ressourcen der Erwerbstätigen sichert nicht nur die hohe Leistungsfähigkeit der Unternehmen, sondern ist auch eine wesentliche Voraussetzung für eine Verlängerung der Erwerbsphase bis zum regulären Renteneintrittsalter.“
Seitens der Politik gibt es bereits Förderinstrumente wie Eingliederungszuschuss oder Kombilohnförderung (Kombination aus Grundlohn und staatlichem Zuschuss für gering qualifizierte Arbeitnehmer). Ein weiterer wichtiger Hebel zur Sicherung der Pensionen ist die Qualifikation der Erwerbsbevölkerung, so Mayrhuber. Diese sei sowohl für die individuelle Absicherung als auch für die Finanzierung des Pensionssystems von entscheidender Bedeutung. „Eine gut ausgebildete Erwerbsbevölkerung kann nicht nur höhere Einkommen erzielen, die unmittelbar die individuelle soziale Absicherung erhöhen, sondern trägt auch zu einem stabileren und robusteren Pensionssystem bei.“ Mayrhuber fordert daher Verbesserungen im Bildungssystem, als eine zentrale Voraussetzung für eine hohe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
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