In den letzten Monaten zeigten sich die Kapitalmärkte äußerst volatil: Nach einem starken Jahresbeginn kam es Anfang August zu einer kurzen Korrektur, aktuell streben ATX & Co wieder alte Höchststände an. Die Europäische Zentralbank hatte nach dem schnellsten Zinserhöhungszyklus aller Zeiten im Juni die Zinswende eingeläutet und die Leitzinsen gesenkt, was auch zu sinkenden Guthabenzinsen bei vielen Sparprodukten führte.
Laut dem „Finanzbarometer 2024“, einer repräsentativen Umfrage von J.P. Morgan Asset Management unter 1.000 Menschen in Österreich, zeichnet sich ein Wandel im Anlageverhalten ab. Während sicherheitsorientierte Produkte wie Sparbücher, Lebens- und Rentenversicherungen sowie Tages- und Festgelder weiterhin am beliebtesten sind, gewinnen Investmentfonds, ETFs und Aktien zunehmend an Bedeutung, während die Beliebtheit der Sparbücher zurückgeht.
Trotz bestehender Ängste vor geopolitischer Instabilität oder Inflation zeigen sich die Anleger in Österreich zunehmend resilienter bei ihren Kapitalmarktinvestments. vor einer Rezession oder einem Börsencrash spielen derzeit eine untergeordnete Rolle.
„Vor allem Investmentfonds und ETFs erzielen eine immer größere Verbreitung. Sollten die Zinsen weiter sinken, wird es spannend zu beobachten, ob weitere Mittel aus Sparbüchern sowie Tages- und Festgeld an den Kapitalmarkt fließen“, sagt Markus Sevcik, Senior Client Advisor bei J.P. Morgan Asset Management in Wien.
Mit 58 Prozent bleibt das Sparbuch weiter Spitzenreiter bei den Anlegern, Lebens- und Rentenversicherungen kommen auf 42 Prozent Verbreitung, gefolgt von Tages- und Festgeld mit 35 Prozent. Investmentfonds und ETFs konnten ihren Anteil um 7 Prozentpunkte auf 29 Prozent steigern. Die Differenz zwischen Sparbuch- sowie Investmentfonds-/ETF-Besitz ist 2024 auf 29 Prozentpunkte zurückgegangen – 2022 waren es 38 Prozentpunkte Unterschied, im letzten Jahr sogar 41. Einzelinvestments in Aktien und Anleihen konnten wieder leicht zulegen. Während 2022 noch 28 Prozent der Österreicher Aktien besaßen, ging dieser Anteil im vergangenen Jahr um 6 Prozentpunkte zurück, liegt aktuell aber wieder bei 23 Prozent. Investitionen in Anleihen sind in Österreich ebenfalls wieder beliebter geworden und stiegen um 3 Prozentpunkte auf 14 Prozent, womit sie das gleiche Niveau wie Kryptowährungen erreichten, deren Beliebtheit unverändert blieb.
Der Blick auf konkrete Bedrohungsszenarien stützt die These der Resilienz am Kapitalmarkt. Die Inflation halten 81 Prozent der Menschen in Österreich für sehr bedrohlich oder bedrohlich, Krieg und geopolitische Instabilität sogar 82 Prozent der Befragten. Obwohl die monatlich veröffentliche Inflationsrate seit Januar 2024 durchgängig unter drei Prozent liegt, liegt die gefühlte Inflation aus Anlegersicht höher und bleibt ein Aufregerthema für die Österreicher. Auch das Thema Populismus und Extremismus beschäftigt die Menschen in Österreich und wird von 74 Prozent als bedrohlich oder sogar sehr bedrohlich eingeschätzt, ebenso wie Klimawandel oder Naturkatastrophen mit 70 Prozent. Interessanterweise halten nur 63 Prozent der Befragten eine Rezession für sehr bedrohlich oder bedrohlich und einen Börsencrash fürchtet mit 49 Prozent nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten – obwohl über beides in diesem Jahr bereits häufig in den Medien berichtet wurde.
„Die Ergebnisse unserer Befragung zeigen einerseits, dass sich das subjektive Empfinden der Anlegerinnen und Anleger deutlich von der tatsächlichen Realität oder von Expertenmeinungen unterscheiden kann, etwa was die Inflation angeht“, stellt Markus Sevcik fest. „Andererseits zeigt sich aber auch, dass trotz weiterhin bestehender, teilweise sogar zunehmender Risiken, die Chancen am Kapitalmarkt gesehen werden. So scheint sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass es nach Kursrückgängen am Aktienmarkt auch schnell wieder nach oben gehen kann und sich diese somit als Einstiegsgelegenheit anbieten können“, führt Sevcik aus. Wer also auch in Krisenzeiten einem Investment treu bleibe, werde am Ende zumeist dafür belohnt.