FMA Vorstände Helmut Ettl u. Eduard Müller©cati Donner
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Feuer am Dach

von Mag. Christian Sec

Der FMA-Vorstand gaben in der FMA-Aufsichtskonferenz einen Überblick über die Risikolage der Finanzbranche und warnten vor den Auswirkungen von Verschuldung, Rezession, Klimawandel, Cyberrisiken für den Finanzmarkt.

Der FMA-Vorstand Helmut Ettl und Eduard Müller sprach von enormen Herausforderungen in der Finanzbranche. Für strukturelle Herausforderungen wie den Übergang zur grünen Wirtschaft, die Digitalisierung und den demografischen Wandel werden erhebliche Geldmittel mobilisiert. So stieg die Gesamtverschuldung in den USA (Staat, Unternehmen, Haushalte) auf 263 Prozent des BIP (2008: 236%). In der Eurozone liegt dieser Wert bei 236 Prozent (2008: 226%). „Wir müssen sehr vorsichtig sein bei der Mobilisierung von Geldmitteln“, betont Ettl. Dabei gibt es ein Trilemma zu bewältigen: den sozialen Frieden und die politische Stabilität zu wahren, wobei die Grundlage dafür eine stabile, krisenfeste Finanzwirtschaft ist. Positiv ist zu vermerken, dass die österreichische Finanzindustrie aus den vergangenen Krisen gelernt hat. Die Finanzwirtschaft in Österreich ist widerstandsfähig und gut aufgestellt. Das harte Kernkapital bei den Banken liegt bei über 17 Prozent, die Kapitalausstattung bei mehr als 20 Prozent. Bei den Versicherungen liegt die Solvency-Ratio bei über 250 Prozent. „Vor einem Jahr lagen wir bei diesen Kennzahlen im letzten Drittel, nun sind wir über dem europäischen Durchschnitt“, so Ettl. Diese Kennzahlen bilden die Grundlage dafür, in schwierigen Zeiten ein verlässlicher Partner der Realwirtschaft zu sein. Und diese Zeiten sind bereits eingetreten: Die Insolvenzen stiegen im ersten Halbjahr um 26 Prozent, das Volumen der Passiva hat sich im Jahresvergleich verzehnfacht und liegt derzeit bei 11 Mrd. € (ohne Signa versechsfacht). Auch der Klimawandel stellt eine Herausforderung für die Finanzwirtschaft dar, wie die zunehmenden Katastrophenereignisse zeigen. Müller appelliert an den Bankensektor, die gute Ertragslage aufgrund der Zinsentwicklung zu nutzen, um die Kapitalbasis weiter zu stärken. Der Draghi-Bericht fordert ein Investitionsprogramm zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas in den Bereichen Umwelt und Digitalisierung. Eine zentrale Forderung ist, die Finanzierungsfähigkeit und internationale Wettbewerbsfähigkeit der Banken zu verbessern. Im strukturellen Bereich plädiert Draghi zudem für eine europäische Einlagensicherung.

Augen auf

Beim Thema Immobilien warnt der Vorstand davor, sich zu sehr in Sicherheit zu wiegen. Sollte die Ausfallsrate auf über zehn Prozent steigen, würde dies die Kapitalausstattung der Banken erheblich belasten. Gerade die Gewerbeimmobilien geben Anlass zur Sorge. Das Volumen von Gewerbeimmobilien beläuft sich auf 160 Mrd. €, rund 13 Prozent der Bilanzsumme der Banken, womit Österreich in Europa im Spitzenfeld liegt. Die notleidenden Kredite in diesem Bereich sind stark gestiegen und haben sich innerhalb eines Jahres von 1,7 Prozent auf 4,8 Prozent (ca. 6 Mrd. €) erhöht. „Hier ist Feuer am Dach“, so Müller. Der Fall Signa wurde vom Finanzmarkt gut verkraftet, jedoch kämpfen viele mittlere Immobilienentwickler bereits mit Schwierigkeiten und müssen ihre Projekte mit Abschlägen verkaufen. Zusätzlicher Druck kommt von den Immobilienfonds, von denen einer von der FMA suspendiert werden musste. „Der Druck auf den Immobilienmarkt bleibt bestehen“, so Müller. Daher hat das Finanzmarktstabilitätsgremium der FMA empfohlen, ab Mitte nächsten Jahres einen zusätzlichen Kapitalpuffer von einem Prozent einzuführen. Die Eigenkapitalausstattung für Wohnkredite ist in den letzten Jahren deutlich gesunken, was auch auf die auseinandergehende Preis-Einkommensschere zurückzuführen ist. 2010 konnte man ein Haus noch mit dem vierfachen Jahreseinkommen erwerben, erklärt Ettl, 2022 war dafür das Sechsfache notwendig. Dies führte zu gelockerten Kreditvergaberichtlinien. Daher wurden die KIM-Regeln eingeführt (Beleihungsquote: 90%, Schuldendienstquote: 40%, maximale Laufzeit: 30 Jahre). „Mit diesen Maßnahmen haben wir erreicht, dass die Kreditvergabe nachhaltiger geworden ist“, betont Ettl. In diesem Bereich gibt es kaum Ausfälle. Seit Jahresmitte steigt die Nachfrage nach Wohnimmobilien, was auf verbesserte Einkommenssituationen durch Lohnabschlüsse und auf realeffektiv günstigere Immobilienpreise zurückzuführen ist. Der FMA-Vorstand appelliert eindringlich an die Banken. „Augen auf bei Immobilienfinanzierung“. So haben viele Regionalbanken das Risiko verbundener Unternehmen nicht umfassend adressiert. Oft wurden organisatorische und personelle Verflechtungen erst im Ernstfall bei der Insolvenz eines Immobilienentwicklers erkennbar, so Müller.

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