Der Versicherungsverband Österreich (VVO) hebt erneut die Dringlichkeit hervor, sich gezielt den Herausforderungen unserer Zeit zu stellen – insbesondere in den Bereichen Klimawandel und demografischer Wandel. Im Zuge der Regierungsbildung möchte der Verband mit konkreten Anliegen Gehör finden. Denn die demografische Entwicklung und der damit wachsende Druck auf das staatliche Pensionssystem werden tiefgreifende Auswirkungen auf die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen des Landes haben. Wie bereits bei früheren Pressekonferenzen betont, bietet die österreichische Versicherungswirtschaft sowohl im Naturkatastrophenschutz als auch im Pensionssystem fundierte Lösungsvorschläge. Der Staatshaushalt ist zunehmend belastet – sei es durch den wachsenden Bedarf an Pensionszahlungen oder durch die Naturkatastrophenschäden. „Wir als Versicherungswirtschaft haben zahlreiche Ansätze, um Österreich zukunftsfit zu machen“, erklärt Mag. Rémi Vrignaud, Präsident des VVO.
Klimawandel und Altersvorsorge
Eine aktuelle Analyse des EcoAustria Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt die Handlungsfelder auf, die die öffentlichen Haushalte in den kommenden Jahren massiv belasten werden. So wird für das Jahr 2070 prognostiziert, dass die Lebenserwartung von Männern auf 86,3 Jahre und die von Frauen auf 90,2 Jahre steigen wird – was die durchschnittliche Pensionszeit um etwa fünf Jahre verlängert. Gleichzeitig wird das Verhältnis von Durchschnittspension zu Durchschnittslohn von derzeit 56 Prozent auf 45 Prozent im Jahr 2070 sinken. Die Kosten, die durch Klimawandel und Wetterextreme verursacht werden, werden ebenfalls erheblich steigen. Laut verschiedenen Szenarien wird im Jahr 2050 mit bis zu achtmal höheren Folgekosten gegenüber dem Jahr 2010 gerechnet. Der Klimawandel wird nicht nur vermehrte Schäden durch Hochwasser verursachen, sondern auch hohe Kosten für Energieversorgung, Gesundheitswesen, Forstwirtschaft und Tourismus. Österreich liegt weltweit auf Platz vier der von Naturkatastrophen bedrohten Länder, was vor allem an seiner geografischen Lage liegt. Zur finanziellen Absicherung der Bevölkerung braucht es eine Naturkatastrophenversicherung, die tragfähig und sozial verträglich ist. Die Lösungsvorschläge der Versicherungswirtschaft liegen auf dem Tisch – es fehlt die politische Umsetzung. Das aktuelle System des staatlichen Katastrophenschutzes bietet keinen Rechtsanspruch und belastet das Budget erheblich, insbesondere angesichts der künftig zu erwartenden höheren Schadensbelastungen. Der VVO fordert die Politik daher auf, das Modell der Naturgefahrenversicherung eingehend zu prüfen und gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten.
„Diese Herausforderungen erfordern Anpassungen in den Strukturen“, so VVO-Generalsekretär Christian Eltner. Er unterstreicht, dass es dabei nicht um Kritik am staatlichen Pensionssystem (erste Säule) gehe. Vielmehr soll verdeutlicht werden, dass auch die zweite Säule, die betriebliche Altersvorsorge, und die dritte Säule, die private Vorsorge, gestärkt werden müssen. Länder wie Schweden und Dänemark haben durch die Integration kapitalgedeckter Vorsorgemodelle Budgetentlastungen erzielen können.
Jeder vierte Euro der Staatsausgaben fließt bereits jetzt in den Bereich Pensionen. Diese Dynamik wird sich verstärken. Denn die Lebenserwartung steigt und gleichzeitig nimmt der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter laufend ab. Während derzeit rund 50 Personen im nicht erwerbsfähigen Alter auf 100 Erwerbsfähige kommen, werden im Jahr 2060 mehr als 70 von 100 Personen im nicht erwerbsfähigen Alter sein. Ein Viertel der Gesamtbevölkerung wird dann bereits älter als 64 Jahre sein. Für den öffentlichen Haushalt bedeutet dies massive Mehrbelastungen, vor allem in den Bereichen Pflege und Pensionen. Die individuelle Pensionslücke, also die Differenz zwischen letztem Erwerbseinkommen und der Leistung aus der staatlichen Pensionsversicherung, geht weiter auf. Ohne private Vorsorge droht vielen Menschen Altersarmut. Der gewohnte Lebensstandard ist allein mit der staatlichen Pension für die meisten nicht mehr gesichert.
Zur Sicherung des Lebensstandards im Alter und zur Entlastung des staatlichen Pensionssystems wäre jetzt ein geeigneter Zeitpunkt, die vierprozentige Versicherungssteuer in der Lebensversicherung zu halbieren und für nachhaltige Produkte auf null Prozent zu senken. Der seit Jahrzehnten unveränderte Freibetrag gemäß § 3 Z 15 sollte auf 1.200 Euro angehoben werden, und die private Altersvorsorge muss neu durchdacht werden. Ebenso wäre es eine Anregung, dass sich die Alterskommission künftig nicht nur mit der ersten, sondern auch mit den beiden weiteren Säulen der Altersvorsorge auseinandersetzt.