KommR Hannes Dolzer Fachverbandsobmann der Finanzdienstleister ©Robert Frankl
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Umbruch in der Kreditvermittlung?

OGH-Urteil vom 19. Februar 2024 (7 Ob 169/24i)

„In diesem Urteil hat der OGH unter anderem „prozentuelle Kreditbearbeitungsentgelte“ einer Bank für Verbraucherkredite (u. a. Hypothekarkredite) für unzulässig erklärt.

Das Urteil basiert auf einer Klage der Arbeiterkammer gegen diverse Klauseln einer Bank. Mit diesem Erkenntnis rückt der OGH von seiner bisherigen Rechtsauffassung ab. Nunmehr ist klargestellt, dass Kreditbearbeitungsentgelte nicht zur „Hauptleistung“ eines Kredits gehören. Diese besteht ausschließlich in der Zurverfügungstellung des Kreditbetrags gegen Zinsen. Bearbeitungsgebühren unterliegen daher der Inhaltskontrolle gemäß § 879 Abs 3 ABGB.

KommR Mag. Hannes Dolzer WKÖ Obmann der Finanzdienstleister hat das Urteil kommentiert: „Der OGH hat entschieden, dass prozentuell bemessene Bearbeitungsentgelte ohne Obergrenze dann „gröblich benachteiligend“ sind, wenn sie den tatsächlichen Aufwand der Bank deutlich übersteigen. Das Urteil nimmt jedoch keinen Bezug auf Vermittlungsprovisionen, die offengelegt und dem Vermittler zugeordnet werden und sich auf dessen eigene Hauptleistung – nämlich die Kreditvermittlung – beziehen.

Aktuell ist die Handhabung von Kreditbearbeitungsentgelten bei Banken noch uneinheitlich. Manche Institute führen nach wie vor pauschale „Bearbeitungsgebühren“ in ihren Kreditverträgen an. Andere haben derartige Entgelte im Nachgang zum Lexitor-Urteil des EuGH vom 11. September 2019 (C-383/18) bereits vollständig gestrichen. Die Mehrheit der Banken hat ihre Vertragsdokumente inzwischen zumindest dahingehend angepasst, dass Vermittlungsprovisionen als solche explizit ausgewiesen und den Kreditvermittlern transparent zugeordnet werden. Damit soll rechtlich klargestellt werden, dass es sich nicht um ein von der Bank bezogenes Entgelt handelt.

Was bedeutet das Urteil für Kreditnehmende?
Ist ein Kreditvertrag noch nicht abgeschlossen, kann es sein, dass die Bank ihre Bedingungen kurzfristig anpasst oder eine andere Darstellung der Bearbeitungsgebühren wählt. Bei bereits unterzeichneten Verträgen führt das OGH-Urteil nicht automatisch zu einer Rückzahlung von Bearbeitungsgebühren. Es ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob die vertraglich vereinbarte Bearbeitungsgebühr im Sinne der aktuellen Rechtsprechung rechtskonform ist oder nicht.

Grundsätzlich unterstreicht das Urteil die Notwendigkeit einer klaren Trennung zwischen Bankentgelten und Vermittlungsprovisionen. Dadurch wird die Rolle von Kreditvermittlern aus Kundensicht deutlicher von den Leistungen der Banken abgegrenzt – und gewinnt weiter an Bedeutung.“

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