Frankreich steckt mitten in einer schweren Haushaltskrise. Die Staatsverschuldung erreichte im Jahr 2024 rund 3,3 Billionen Euro Von 2010 bis zum ersten Quartal 2025 stieg die Staatsschuldenquote von rund 81 % auf rund 114 % des BIP. Damit liegt Frankreich nach Griechenland und Italien auf Platz drei der am höchsten verschuldeten EU-Staaten. Das Defizit lag zuletzt bei 5,8 % der Wirtschaftsleistung – weit über dem Maastricht-Kriterium von 3 %.
Am Bondmarkt ist die Lage bislang stabil. Französische Staatsanleihen notieren ohne Auffälligkeiten, die Renditen zehnjähriger Titel liegen rund 0,8 Prozentpunkte über deutschen Bundesanleihen. Während Investoren in der Eurokrise 2011 bis 2013 Zinsaufschläge von zehn bis 20 % verlangten, wirkt die Situation heute weit weniger angespannt. Anders als Griechenland verfügt Frankreich über eine breite industrielle Basis und ein stabiles Bankensystem. Allerdings fehlt es an politischen Mehrheiten für Konsolidierung. Der Versuch, über Rentenreformen Ausgaben zu senken, stieß auf massiven Widerstand. Sparpläne des ehemaligen Premierministers Bayrou wurden vom Parlament abgelehnt. Subventionen aus der Corona-Zeit wurden nicht zurückgefahren, die Ausgaben blieben hoch.
Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts, warnt vor einer möglichen Staatsfinanzkrise in Frankreich. Veronika Grimm, „Wirtschaftsweise“ in Deutschland sieht zwar keine akute Gefahr für den Euro, aber warnt dennoch vor den Folgen einer hohen Staatsverschuldung. Das bedeutet konkret: Zwar droht keine akute Eurokrise, doch der Vertrauensverlust von Investoren könnte die Zinslast rasch erhöhen. Ohne tragfähige Sparstrategie wächst die Gefahr einer langfristigen Staatsfinanzkrise. Besonders heikel ist dabei, dass die politische Mitte geschwächt ist und extreme Parteien von links und rechts weitere Einschnitte ablehnen.
Noch bleibt die EZB gelassen
Sobald aber die Risikoprämien französischer Staatsanleihen zu laufzeitkongruenten deutschen Bundesanleihen ansteigen, könnte die EZB gefordert werden. Dies war auch Thema auf der Pressekonferenz anlässlich der EZB-Entscheidung vom 11. September 2025. Auf die erste Frage eines Journalisten zu Frankreich zeigte sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde diplomatisch: „Ich werde mich nicht zu einzelnen Ländern äußern. Ich vermeide das, weil wir die Europäische Zentralbank sind. Wir beschränken unser Urteil nicht auf ein bestimmtes Land. Aber ich bin zuversichtlich, dass die politischen Entscheidungsträger, dass diejenigen, die Entscheidungen treffen, sich in dieser Zeit der Unsicherheit zu Herzen nehmen werden, die Unsicherheit so weit wie möglich zu verringern. Es gibt auch eine Reihe von Regeln – nämlich die haushaltspolitische Governance, den haushaltspolitischen Rahmen, die internen Regeln der europäischen Länder –, an die sich die Mitgliedstaaten halten und die sie umsetzen müssen. Und ich bin sicher, dass alle Regierungen, unabhängig von ihrem Standort, auf der Grundlage dieses haushaltspolitischen Rahmens handeln wollen“.
Sofort folgte eine weitere Frage eines anderen Journalisten bezüglich Frankreichs. Sie lautete: „Wie weit sind wir gemäß den spezifischen Regeln des TPI von einer ungeordneten Bewegung auf dem Anleihenmarkt entfernt?“ Dazu Lagarde „Ich möchte mich nicht zu einem bestimmten Land äußern. Aber es genügt zu sagen, dass wir die Marktentwicklungen stets beobachten und dass die Märkte für Staatsanleihen im Euroraum ordnungsgemäß funktionieren und über eine gute Liquidität verfügen. Das ist unsere Einschätzung. Unser Fokus liegt, wie Sie wissen, auf der Preisstabilität, aber dafür brauchen wir Finanzstabilität, und das erfordert einen gut funktionierenden geldpolitischen Transmissionsmechanismus. Und wir glauben, dass wir über alle notwendigen Instrumente verfügen, falls sich diese Transmission im gesamten Euroraum als nicht effizient erweisen sollte“.
Fazit: Noch haben die Märkte angesichts langer historischer Krisenkompetenz-Erfahrungen in der Vergangenheit großes Vertrauen in die Interventionsfähigkeit der EZB. Dies hält auch im aktuellen Budgetstreit in Frankreich die Anleihenrenditen auf einem noch relativ niedrigen Niveau. Ob es tatsächlich in weiterer Folge zu größeren Turbulenzen kommen wird, bleibt abzuwarten. Aktuell sind Märkte und auch die EZB in diesem Punkt relativ entspannt.