Finanzdienstleistern ist Rechtsanwalt Dr. Ernst Brandl ein Begriff. Die von ihm mitbegründete Kanzlei Brandl Talos zählt zu den größten und renommiertesten Kanzleien mit Fokus auf den Finanzmarkt. Er hat aufsehenerregende Verfahren gewonnen, seine humorigen Fachvorträge sind Legende. Vor mittlerweile drei Jahren, am Zenit seiner Karriere, hat sich Ernst Brandl – für viele überraschend – als Rechtsanwalt zurückgezogen. Heute betreut er nur mehr ausgesuchte Klienten und widmet sich in seinem Refugium im niederösterreichischen Kamptal einem einzigartigen Biodiversitätsprojekt und 250 Bienenvölkern. Andreas Dolezal besuchte Imkermeister Ernst Brandl für ein Interview.
Je näher ich Krumau am Kamp komme, desto schmaler werden die Landesstraßen, desto weiter verstreut stehen Häuser und Höfe. Hier sagen sich sprichwörtlich Fuchs und Hase „Gute Nacht“. Ernst Brandl begrüßt mich vor dem Tor seines Wirtschaftsgebäudes und blickt auf meine Schuhe (dünne Stoff-Sneakers): „Haben Sie keine festeren Schuhe dabei?“, will er wissen. Habe ich nicht. Typisch Stadtmensch. Also stattet mich Dr. Brandl mit passenden Gummistiefeln aus und führt mich während des Gesprächs durch seine „MIËLO-Oase“.
Lieber Dr. Brandl, vielen Dank für die Einladung in Ihre Imkerei. Sie haben den Lebensabschnitt als Rechtsanwalt weitgehend hinter sich gelassen und Ihren Lebensmittelpunkt hier ins schöne und ruhige Kamptal verlegt. Warum?
Ich war über 25 Jahre lang quasi ununterbrochen und intensiv im Finanzmarktrecht tätig und ich hatte große Lust auf Veränderung. Ich wollte den Rest meines Berufslebens nicht mehr vom Gleichen machen. Dazu kam, dass ich mit Thomas Talos im Jahr 2000 unsere eigene Kanzlei deshalb gründete, weil ich nicht in einer Großkanzlei arbeiten wollte. Durch unseren Erfolg waren wir plötzlich selbst Großkanzlei.
Fehlen Ihnen das Anzugtragen und die Genugtuung gewonnener Verfahren gar nicht?
Ich bin für die Kanzlei weiterhin beratend tätig. Und wenn Klienten ausdrücklich meine strategische Beratung wünschen – und nicht zurückschrecken, wenn ich ihnen sage „Das wird aber teuer.“ (lacht) – dann führe ich manchmal auch noch Verfahren.
Wir gehen an der Rückseite des Wirtschaftsgebäudes durch die dichte und sichtbar naturbelassene Wiese. Schmetterlinge und Bienen fliegen durch das hohe Gras.
Hier sind 70 von meinen 250 Bienenvölkern zu Hause. Die anderen verteilen sich in Gruppen zu je 30 hier in der hügeligen Landschaft in den „MIËLO-Oasen“.
Wie kam es zum Markennamen „MIËLO“?
Das Wort „MIËLO“ stammt aus der Kunstsprache Esperanto und heißt dort nicht nur „Honig“, sondern auch „Liebling“. Besser lassen sich Genuss und Liebe zur Natur nicht auf den Punkt bringen, oder?
Ja, deshalb steht auf Ihrer Internetseite wohl auch „MIËLO ist eine Love-Brand“. Und was sind „MIËLO-Oasen“?
„MIËLO-Oasen“ sind die Flächen rund um die Bienenstöcke. Diese bald rund 200 Fußballfelder großen Flächen bewirtschafte ich nachhaltig und ohne den Einsatz von Pestiziden. Damit sind auf diesen Flächen einerseits Nektar und Pollen frei von schädlichen chemischen Einflüssen. Noch wichtiger ist aber, dass die Flächen Oasen inmitten der traditionellen Landwirtschaft sind, die auch Heimat für seltene Insekten, Pflanzen und Tiere, die sich von Insekten ernähren, bieten. Im Unterschied zu den von Imkern betreuten Honigbienen haben die rund 700 Wildbienenarten, die es in Österreich gibt, keine Lobby, die sich um sie kümmert.
Lesen Sie das komplette Interview in der Juli Print Ausgabe von risControl.