Der FMVÖ diskutierte im Rahmen eines Financial Breakfasts, wie Banken und Versicherungen durch die Reduktion unzufriedener Kunden ihre Bindung erhöhen können. FMVÖ-Vorstand Robert Sobotka, Geschäftsführer Telemark Marketing, lieferte dazu anschauliches Datenmaterial aus der aktuellen FMVÖ-Recommender-Umfrage und anderen Erhebungen. Wolfgang Seidel, Inhaber der servmark Unternehmensberatung, erläuterte, wie Unternehmen den Anteil an unzufriedenen Kunden durch richtiges Beschwerdemanagement verringern können.
Die Daten aus der FMVÖ-Recommender-Umfrage zeigen: Etwa 20 Prozent der befragten Kunden zählen zu den sogenannten Detraktoren, die ihr Institut nicht weiterempfehlen würden. Auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet betrifft das rund 1,5 Millionen Personen – bei Versicherungen ist dieser Wert etwas niedriger als bei Banken. Detraktoren haben laut Studienleiter Robert Sobotka eine hohe negative Multiplikationswirkung: Während zufriedene Kunden ihre Erfahrungen im Schnitt mit drei Personen teilen, sprechen Unzufriedene mit bis zu 15 anderen darüber.
Bei Versicherungen ist Unzufriedenheit ein wesentlicher Kündigungsgrund: Rund ein Viertel der Kunden hat im Vorjahr eine Versicherung beendet, davon mehr als zwei Drittel aus Unzufriedenheit – etwa wegen zu hoher Kosten (25 %), Problemen bei der Schadensabwicklung (11 %) oder mit dem Betreuer (9 %). Sobotka beziffert, dass etwa 1 Million Kündigungen jährlich auf mangelnde Zufriedenheit zurückgehen. Besonders problematisch: Viele dieser Kunden äußern ihre Unzufriedenheit nicht („Unvoiced Complaints“), sondern wechseln kommentarlos.
Ein zentrales Instrument zur Kundenbindung ist daher ein aktives, empathisches Beschwerdemanagement. Laut Wolfgang Seidel (servmark) zeigen Beschwerden ein fortbestehendes Interesse an der Geschäftsbeziehung – Unternehmen sollten sie als Chance begreifen. Wichtig sei, Beschwerden korrekt zu erfassen, inhaltlich einzuordnen und daraus Muster abzuleiten. Mithilfe von KI-gestütztem Textverständnis können sogenannte „Narrativ-Schablonen“ entwickelt werden, um systematische Schwachstellen zu identifizieren – etwa in der Betreuung, beim Produkt oder im Serviceprozess.
Seidel betont: Die Reduktion von Unzufriedenheit sei entscheidender als das Streben nach maximaler Zufriedenheit. Besonders im Versicherungsbereich ist es aus Sicht der Experten erfolgsentscheidend, Kündigungsgründe frühzeitig zu erkennen, um langfristige Kundenverluste zu vermeiden.