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Betriebsübernahme als Herausforderung und Chance

risControl 06 2025 / Vertrieb im Zentrum

Wie gelingt der erfolgreiche Generationenwechsel in Versicherungsmaklerbetrieben? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer lebhaften Podiumsdiskussion auf der Messe „Vertrieb im Zentrum“ in Salzburg. Unter der Moderation von Gernot Rohrhofer diskutierten Mag. Therese Frank, LLM (Rechtsanwältin), Josef Graf (Gründer und Aufsichtsratsvorsitzender der EFM Versicherungsmakler AG), Mag. Ing. Herbert Orasche (geschäftsführender Gesellschafter der g&o brokernet GmbH) sowie KommR Arno Slepice (Geschäftsführer der business-point consulting & vorsorge GmbH) über Chancen, Stolpersteine und emotionale Aspekte der Unternehmensnachfolge.

Die Diskussion begann mit einer Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Situation im Versicherungs- und Finanzvertrieb. Der Markt befindet sich in einer historischen Umbruchphase. Dies stellt die Branche vor große Herausforderungen – sowohl auf der finanziellen und organisatorischen Seite als auch auf der zwischenmenschlichen Ebene. Vor allem die Frage, wie ein reibungsloser Übergang von Generation zu Generation gewährleistet werden kann, wird immer drängender. Mann kann sogar sagen, der Markt ist deutlich überaltert, insbesondere unter den Vermittlern, von denen viele der Altersgruppe 50 plus angehören. Die aktuelle Lage ist ernüchternd, wie Herbert Orasche schilderte: Die Sorge um Nachwuchs ist groß – auch, weil viele Geschäftsmodelle unter zunehmendem Druck stehen. Margen sinken, Kosten müssen gesenkt werden. „Wenn wir gute junge Leute wollen, müssen wir sie auch gut bezahlen.“ Gleichzeitig wird vom Makler erwartet, dass er moderne IT-Systeme beherrscht, Kunden betreut und die digitale Transformation aktiv mitgestaltet. Hinzu kommt eine zunehmende Regulierungsdichte, die den Markt zusätzlich belastet. Dennoch gibt es laut Orasche kein Imageproblem: „Der Versicherungsmakler ist etabliert.“ Der Preis der Selbstständigkeit sei jedoch hoch – etwa durch Arbeit zu Zeiten, in denen andere Freizeit genießen. „Hier müsste man ansetzen, um den Beruf attraktiver zu gestalten.“ Die Digitalisierung biete gerade für junge, digitalaffine Menschen große Chancen. Josef Graf sprach gar von einer „historischen Gelegenheit – die beste Zeit liegt vielleicht noch vor uns“. Die Umbruchphase zeigt sich auch in Zahlen: „In Österreich stehen rund 2.000 Maklerbetriebe zur Übergabe an – in Deutschland sogar zehnmal so viele.“ Durch den Einstieg internationaler Fonds steigen die Kaufpreise teils erheblich: „Teilweise werden das Zehn- bis 15-Fache des EBIT gezahlt“, so Graf, der diese Preisentwicklungen kritisch hinterfragt: „Es ist spannend, wie sich das im Alltagsgeschäft wirtschaftlich rechtfertigen lässt.“ Für besonders profitable Betriebe hält er das Sieben- bis Zehnfache des EBIT für angemessen.

Digitalisierte Daten erhöhen den Wert
Ein entscheidender Faktor für die Bewertung eines Unternehmens ist laut Arno Slepice „ein gepflegter, digitalisierter Kundenbestand, ein funktionierendes CRM-System, saubere Daten und transparente Strukturen – etwa in Form klarer Mitarbeitervereinbarungen“. Ohne Digitalisierung sei ein angemessener Verkaufspreis kaum realistisch, ergänzte Orasche. Offene Forderungen, Schulden oder veraltete Kundendaten könnten ein echtes Verkaufsrisiko darstellen. Doch nicht nur die Kennzahlen zählen – auch das Vertrauen der Kunden ist von großer Bedeutung, betonte Graf: Die Kundenbeziehung lässt sich nicht einfach mitverkaufen. „Viele Verkäufer akzeptieren daher bewusst einen geringeren Preis, um ihre langjährigen Kunden in guten Händen zu wissen.“ Slepice ergänzte: „Nicht alle Verkäufer wollen den höchsten Preis – etwa von großen internationalen Investoren, die Bestände lediglich weiterverkaufen. Vielen ist es wichtig, dem Käufer in die Augen schauen zu können.“ Orasche betonte: „Wir möchten, dass weiterhin lokale, freie Unternehmer die Kunden betreuen – und nicht internationale Konzerne, die lediglich einen Angestellten entsenden.“ Doch dafür brauche es unternehmerischen Nachwuchs – und der sei oft nicht bereit, die Risiken und Pflichten der Selbstständigkeit zu übernehmen, so Orasche.

Planung ist das A und O
Rechtsanwältin Therese Frank hob die Bedeutung frühzeitiger Planung hervor: „Ein Übergabeprozess sollte idealerweise mehrere Jahre in Anspruch nehmen – nicht zuletzt, um ausreichend Übergangsfristen zu ermöglichen.“ Gerade bei Einzelmaklern spielen emotionale Aspekte eine zentrale Rolle: „Man gibt sein Lebenswerk aus der Hand.“ Josef Graf relativierte jedoch: „Früher sprach man von fünf Jahren Vorlauf. Heute sehen wir, dass auch ein halbes Jahr reichen kann – sofern alle Beteiligten professionell handeln.“ Slepice zog den Vergleich zur Altersvorsorge: „Je länger die Vorbereitungszeit, um das Unternehmen übergabefit zu machen, desto höher der Verkaufspreis.“

Verträge dürfen keine Lücken aufweisen
Frank warnte eindringlich vor unzureichenden vertraglichen Regelungen: „Gerade bei Übergaben unter Einzelmaklern wird häufig am Vertrag gespart – das kann sich bitter rächen. Wer frühzeitig in eine solide vertragliche Absicherung investiert, spart später Streitkosten.“ Ein klassischer Konfliktpunkt sei die Konkurrenzklausel: Ohne eine solche könne der Verkäufer – oder auch dessen Tochter – plötzlich wieder aktiv werden, obwohl der Bestand teuer verkauft wurde. Auch Josef Graf betonte: „Jeder Vertrag muss individuell gestaltet sein – Standardmuster reichen nicht. Ich habe über 50 Übergaben begleitet, kaum ein Vertrag war wie der andere.“

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