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Stellenwert der „Betrieblichen Altersvorsorge“ in Österreich

KommR Arno Slepice, Geschäftsführer der business-point consulting & vorsorge gmbh

Zeit, das Schweigen zu brechen

In kaum einem anderen Bereich klaffen Wahrnehmung und Realität so weit auseinander wie bei der Altersvorsorge. Während viele Österreicher nach wie vor darauf vertrauen, dass der Staat im Alter für sie sorgen wird, zeigen die Fakten längst ein anderes Bild. Als jemand, der seit Jahrzehnten in der betrieblichen und privaten Vorsorgeberatung tätig ist, kann ich nur sagen: Die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit wächst – und mit ihr die Dringlichkeit, zu handeln.

Mein Unternehmen betreut mittlerweile über 1.000 Klein- und Mittelbetriebe (KMU) in ganz Österreich – in enger Zusammenarbeit mit Versicherungsmaklern, Steuerberatern und HR-Verantwortlichen. Und doch erleben wir tagtäglich: Das Bewusstsein für die Bedeutung der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) ist – trotz aller Fakten und Warnsignale – nach wie vor erschreckend gering.

Woran liegt das?

Ein strukturelles und kommunikatives Versäumnis

Ein wesentlicher Teil der Verantwortung liegt – so deutlich muss man es sagen – bei der österreichischen Politik. Über Jahre hinweg wurde das staatliche Pensionssystem als nahezu unantastbar dargestellt, flankiert von öffentlich-rechtlichen Medien, die selten kritisch hinterfragen. Die Botschaft: „Alles gesichert.“ Doch wenn von gesicherten Pensionen die Rede ist – wessen Pensionen sind damit wirklich gemeint? Die der Bevölkerung oder doch eher jene der Entscheidungsträger selbst?

Die Diskrepanz zwischen politischen Versprechen und internationaler Realität könnte kaum größer sein: Vizekanzler Andreas Babler erklärte kürzlich, man wolle am „bewährten System“ festhalten – laut Prognosen seien die Pensionen bis 2070, gemessen am BIP, „gesichert“. Doch der Mercer CFA Global Pension Index 2024 zeichnet ein alarmierendes Bild: In der Kategorie „Nachhaltigkeit“ liegt Österreich mit 22 von 100 Punkten weltweit an letzter Stelle – hinter Polen, Italien und sogar Griechenland.
Wer das weiterhin als Randnotiz abtut, verkennt die Tragweite des Problems.

Was andere Länder besser machen

Blickt man über die Landesgrenzen hinaus, sieht man, wie es auch anders – und besser – geht. Länder wie die Niederlande, Schweden oder Dänemark setzen auf verpflichtende Opt-Out-Modelle, großzügige steuerliche Anreize und ein klares Bekenntnis zur bAV als tragende Säule im Pensionssystem. Dort ist es selbstverständlich, dass Arbeitgeber mit ihren Beschäftigten Vorsorgemodelle gestalten – nicht als Goodie, sondern als Standard.

In Österreich hingegen fehlt es an Mut und Konsequenz. Ein Arbeitnehmer hat hierzulande kein Anrecht auf eine betriebliche Altersvorsorge, selbst wenn er sie aus dem eigenen Einkommen finanzieren möchte. Es gibt kein gesetzlich verankertes Bezugsrecht, keine echte Wahlfreiheit. Das ist nicht nur unzeitgemäß – es ist ein systemisches Versäumnis.

Politische Lippenbekenntnisse reichen nicht

Erste zarte Impulse wie der Generalpensionskassenvertrag oder Überlegungen zur Erhöhung der steuerfreien Zukunftssicherung nach § 3/1/15a EStG sind Schritte in die richtige Richtung – aber sie reichen nicht aus. Das aktuelle Regierungsprogramm enthält zur bAV nur wohlmeinende Überschriften, keine klaren Ziele, keine gesetzlichen Verpflichtungen. Was fehlt, ist der große Wurf: ein flächendeckendes Rahmenmodell, das Arbeitgebern wie Arbeitnehmern Planungssicherheit und steuerliche Attraktivität bietet.

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