Die Buchreihe „Milkyway Handbook for Hitchhikers“ ist zwar nicht bekannt für ihre außerordentliche philosophische Leistung in der Literatur, aber äußerst unterhaltsam, und einige Beobachtungen darin waren durchaus interessant und blieben seit den Tagen in meinem Gedächtnis, als ich das Buch in die Buchliste für meine Englisch-Matura auswählte. So stand dort ungefähr zusammengefasst geschrieben: „Es ist bekannt, dass diejenigen, die am leidenschaftlichen herrschen wollen, eigentlich am ungeeignetsten für diese Aufgabe sind.“ Also nochmals anders formuliert: Eine Person, die an die Macht kommen will und kann, ist nicht geeignet, an der Macht zu sein. Dies hat aber nichts mit der Inkompetenz der Personen zu tun. Jean-Claude Juncker formulierte das Dilemma einmal, wohl ehrlicher als möglicherweise gewollt, so: „Wir wissen, was getan werden sollte, aber wir wissen nicht, ob wir wiedergewählt werden, wenn wir es tun.“ Gerade in der heutigen Zeit, in der wir uns von einer Krise in die andere retten, klingt der Satz fast zynisch. In der Politik wie im Sport werden Menschen, die alles geben, eher an die Spitze kommen. Ein Politiker, der alles tut, um an die Macht zu kommen, trifft jedoch die Entscheidungen so, dass sie zur Wiederwahl führen, egal ob sie richtig oder falsch für die Gesellschaft sind. Man könnte dabei meinen, Wähler seien dumm und gingen den Politikern auf dem Leim. Aber Opportunismus lässt sich eben nicht leicht identifizieren. Wenn es leicht wäre, gewissenhafte Politiker von den anderen zu unterscheiden, dann würde die Politik auch ganz anders aussehen.
Aber sind Politiker von Haus aus schlecht? Obwohl wir sie wählen, trauen wir Politikern nicht über den Weg. Ihre Umfragewerte, was das Vertrauen betrifft, sind so schlecht wie die eines Immobilienmaklers. Politiker sind aber nicht eine bösartige außerirdische Spezies aus dem Weltall, sondern sie kommen direkt aus der Mitte unserer Gesellschaft. Wir haben über Jahrhunderte politische Institutionen geschaffen, um die Gemeinschaft zu koordinieren und das Gemeinwohl sicherzustellen. Der Mensch, der in diesen Institutionen agiert oder in den Institutionen arbeitet, verfolgt aber natürlicherweise nicht nur die Ziele der Institution, sondern auch die eigenen. Er bleibt trotz des edlen Ziels der Institution ein Mensch. Er verhandelt nicht nur für die allgemeinen Ziele der Gesellschaft, sondern immer auch für seine Macht. Sein Horizont ist auf die nächste Wahl begrenzt. Sein großes Unglück ist, dass er, einmal gewählt, in Institutionen sitzt, die nicht dem Profit und dem Eigennutz dienen, wie wirtschaftliche Unternehmungen, sondern einem höheren Ziel verpflichtet sind, und zwar Diener des Volkes zu sein. Der Politiker, aber ganz Mensch, kann die Begierden und Eigenschaften, wie Profitstreben und Ruhm, trotz seiner Funktion nicht abstreifen.
Die Wiederwahl ist wohl die größte Imperfektion unserer Demokratie. Wir können uns keine Politiker mehr leisten, die wider besseres Wissen handeln, um Stimmen zu maximieren und von Wahl zu Wahl denken. Trotzdem brauchen wir die Politik mehr als je zuvor. Unser Dilemma dabei ist, dass unsere Zukunft von denen abhängig ist, denen wir am wenigsten vertrauen. Aber bei einem gesellschaftlichen Problem mit globalen Ausmaßen, wie dem Klimawandel, ist die Politik gefordert und darf ihre Verantwortung nicht auf die individuelle Verantwortung des Einzelnen abstreifen. Ganz im Gegenteil ist dies die Zeit, in der die individuelle Verantwortung des Einzelnen auf die Politik übertragen werden muss. Die Politik hat das Wohlergehen der Gesellschaft als oberstes Ziel wahrzunehmen. Sie muss langfristige vor kurzfristige Ziele setzen. Aber wie soll das funktionieren?
Das lesen Sie in der nächsten risControl Print Ausgabe.