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Kriegswirtschaft in Europa rückt näher

von Michael Kordovsky

In einer bemerkenswerten Wendung der Ereignisse hat die EU-Kommission am 5. März eine neue Rüstungsstrategie vorgestellt, die eine signifikante Steigerung der Verteidigungsausgaben und eine potenzielle Umstellung auf eine Kriegswirtschaft in Krisenzeiten vorsieht. Angesichts der anhaltenden Spannungen und der jüngsten Konflikte in Europa, insbesondere der russischen Aggression in der Ukraine, zielt dieser Plan darauf ab, die Verteidigungsfähigkeit der EU zu stärken und ihre Abhängigkeit von nicht-europäischen Rüstungsgütern zu verringern.

Thierry Breton, der Industriekommissar der EU, hat seit geraumer Zeit auf die Notwendigkeit einer „Kriegswirtschafts“-Bereitschaft hingewiesen, insbesondere um die Engpässe bei der Versorgung der ukrainischen Streitkräfte zu adressieren und die Verteidigungskapazitäten der EU-Mitgliedstaaten zu sichern. Der neue Plan sieht vor, dass die EU-Mitgliedstaaten ihre Militärausgaben auf zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöhen, was in den nächsten zehn Jahren zu zusätzlichen Ausgaben von etwa 1,1 Billionen Euro führen könnte, wobei rund 270 Milliarden Euro für Waffensysteme vorgesehen sind.

 

Europäische Rüstungsindustrie vor Auftragsschub aber Gefahr größerer Eingriffe ins Wirtschaftsgeschehen

Zentraler Bestandteil der Strategie ist die Forderung, dass bis 2030 mindestens 50 Prozent und bis 2035 mindestens 60 Prozent der Rüstungsgüter innerhalb der EU beschafft werden sollen. Dies soll die Unabhängigkeit Europas im Rüstungssektor stärken und potenzielle Risiken im Zusammenhang mit der politischen Unsicherheit in den USA, insbesondere im Hinblick auf die mögliche Rückkehr von Ex-Präsident Trump, minimieren. Zusätzlich wird ein Notfallfonds von 1,5 Milliarden Euro eingerichtet, der in den nächsten fünf Jahren auf 100 Milliarden Euro erhöht und durch private Investitionen ergänzt werden könnte. Das bedeutet goldene Zeiten für die europäische Rüstungsindustrie und boomende Wertschöpfungsketten in diesem Sektor. Doch es gibt kritische Nebengeräusche:
Der Plan der EU sieht auch vor, die Produktion im Bedarfsfall auf eine Kriegswirtschaft umzustellen, was eine radikale Priorisierung militärischer Produktion über zivile Produktion in Krisensituationen ermöglichen würde. Diese Maßnahme würde die Kontrolle über die Wirtschaft im Krisenfall in die Hände des Europäischen Rates und der Europäischen Kommission legen, was eine erhebliche Machtverschiebung bedeutet.

Konkret erscheinen folgende Punkte besonders kritisch:

So sollte die EU-Kommission zu einer Koordinierungsstelle werden, die die Lieferketten und die Produktion der EU-Waffenhersteller überwacht.

Geplant ist, dass „die Kommission auf die Erstellung eines einzigen, zentralisierten und aktuellen Katalogs der von den EU-Waffenherstellern entwickelten Verteidigungsgüter hinarbeiten wird“. Umfangreiche Notstandsvollmachten sollten dem Europäischen Rat und der EU-Kommission es ermöglichen, in Krisenfällen die europäische Produktion zu kontrollieren, auf Kriegsproduktion umzustellen und die zivile Produktion auszusetzen. Solche Krisen wären Engpässe bei wichtigen Rohstoffen oder Komponenten, die eine Umleitung der Lieferketten hin zur Rüstungsindustrie erfordern und Krisen der Sicherheit. Im Notfall könnten zivile Produktionsketten für die Rüstungsindustrie eingeplant werden.

Der erhöhte Geldbedarf für Rüstungsbelange könnte sogar laut Kritikern zu massiven Kürzungen in anderen Bereichen, wie Sozialprogrammen, führen. Die EU rechtfertigt diese drastischen Schritte mit der Notwendigkeit, auf die anhaltenden Bedrohungen an ihren Grenzen und die zunehmenden Spannungen in der Welt zu reagieren. Während einige die Bemühungen zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit begrüßen, warnen andere vor den potenziellen Gefahren dieser zunehmenden Militarisierung für den Frieden und die Stabilität in Europa und darüber hinaus.

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