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Geldpolitisches Update aus Jackson Hole – Gezeitenwechsel

von Michael Kordovsky

Am vergangenen Freitag sprach Jerome Powell, Chairman der Federal Reserve, auf dem jährlichen Notenbanktreffen in Jackson Hole, Wyoming. Seine Rede betonte eine Verschiebung der geldpolitischen Prioritäten der Fed, weg von einer ausschließlichen Fokussierung auf die Inflationsbekämpfung hin zu einem ausgewogeneren Ansatz, der auch die Förderung des Arbeitsmarktes und der allgemeinen wirtschaftlichen Stabilität berücksichtigt. Powell unterstrich die bedeutenden Fortschritte, die bei der Inflationskontrolle erzielt wurden. Während die Inflation in den letzten Jahren auf den höchsten Stand seit einer Generation gestiegen war, zeigte sich Powell zuversichtlich, dass die Maßnahmen der Fed die Inflation auf den Weg zurück zum angestrebten Ziel von 2 % gebracht haben.

Er begründete auch, warum die Fed zu Beginn der Teuerung im Jahr 2021 von einer nur vorübergehenden Phase ausging. Pandemiebedingte Lieferkettenunterbrechungen führten zu einer Güterverknappung. Doch ein strukturell angespannter Arbeitsmarkt (Personalmangel), der Ukrainekrieg mit Preisschocks bei Weizen, Erdöl und Erdgas sowie weitere Lieferkettenunterbrechungen durch die Corona-Maßnahmen Chinas im Jahr 2022 führten zu einer ausgedehnten Phase der Teuerung. So schnell der Preisschock auch kam, so schnell konnte die Inflation auch wieder unter Kontrolle gebracht werden – so sinngemäß eine Quintessenz. Powells Rede hatte somit den Stil einer Siegesrede angesichts der gebannten Teuerung. Hinzukommt ein gelungenes Softlanding der US-Wirtschaft, das sich u.a. darin zeigte, dass die zur Eindämmung von Lohninflationsrisiken erforderliche Beruhigung des Arbeitsmarktes diesmal nicht durch Personalabbau und höhere Arbeitslosigkeit sondern nur durch ein rückläufiges Jobangebot und weniger Neuanstellungen zustande kam.

Schwerpunktverlagerung und Marktbedeutung 

Powells Rede deutete darauf hin, dass die Ära aggressiver Zinserhöhungen einer Periode moderaterer Anpassungen Platz machen könnte. Er betonte, dass künftige Entscheidungen der Fed datenabhängig sein würden und legte besonderen Wert auf Indikatoren aus dem Arbeitsmarkt. Diese Verschiebung hin zu einem doppelten Mandat aus Inflationsbekämpfung und Arbeitsmarktstärkung deutet auf ein ausgewogenes politisches Handeln hin, das sowohl die Inflationsbekämpfung als auch die Förderung eines stabilen Arbeitsmarktes in den Vordergrund stellt.  Powells vorsichtiger Optimismus spiegelte sich in den Reaktionen der Finanzmärkte wider. Während die Rede keine drastischen Veränderungen bei den Fed-Fund-Futures auslöste, die für September weder einen eindeutigen 0,25 Prozentpunkte-Zinsschritt (61 % Wahrscheinlichkeit) noch eine Senkung um 0,50 Prozent (39 % Wahrscheinlichkeit) einpreisen, sondern sich dazwischen bewegen, gewannen Aktien und 10jährige US-Treasuries an Wert. Der US-Dollar schwächte sich gegenüber dem Euro ab. Die Märkte interpretieren Powells Fokus auf den Arbeitsmarkt als Hinweis darauf, dass zukünftige Zinssatzänderungen stärker von Arbeitsmarktdaten als von reinen Inflationszahlen abhängig sein könnten. Die Ära aggressiver Zinserhöhung dürfte somit durch eine Phase moderaterer Zinsschritte abgelöst worden sein.

Überraschender Wechsel

Starkes Wachstum