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Happily ever after

von Mag. Christian Sec

Angst und Stress werden durch Veränderung ausgelöst. Seit jeher streben Menschen nach einer stabilen Welt, um der unentwegten Veränderung, zu entfliehen.

Ich konnte beruhigt einschlafen, wenn meine Mutter mir die letzten Worte eines Grimm-Märchens vorlas: „Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage.“ Alles Böse war besiegt. Ich musste keine Angst mehr haben, denn die Welt schien stillzustehen – zumindest bis zum nächsten Morgen. In der Traumfabrik Hollywood wird eine Welt hinter dem Regenbogen besungen, in der es keine Widerstände und Konflikte gibt. Eine Welt, in der keine Veränderungen mehr nötig sind. Die Bibel beschreibt den Garten Eden als einen ursprünglichen Zustand der Harmonie zwischen Gott, den Menschen und der Natur. Adam wurde beauftragt, diesen Garten zu pflegen und zu bewahren, damit alles so bleibt, wie es ist. Doch ein einmaliges Aufbegehren führte zum Sündenfall und zum Ausschluss aus dem Garten, begleitet von irdischem Leid und Mühsal. Vielleicht ist es jedoch nicht der Sündenfall, sondern vielmehr die ewige Veränderung, die uns bedrängt und Angst und Stress verursacht.

Links und rechts

Wir wachsen mit der Vorstellung eines Idealzustands auf, und so ist es wohl ein Bedürfnis, einen Idealzustand zu erträumen oder gar zu errichten. Also ein Paradies auf Erden, für das es sich lohnt, alle Mühen und Opfer und Veränderung auf sich zu nehmen. Die Haltung zur Veränderung ist dabei integraler Teil von Politik und prägt auch politische Begriffe. Die Begriffe „links“ und „rechts“ entstanden in der Französischen Nationalversammlung von 1789. Die konservativen Monarchisten saßen rechts vom Präsidenten, während die Reformbefürworter links saßen. Linke Politik stand für progressive Ideen und Reformen, also für Veränderung. Rechte Politik hingegen vertrat konservative Werte und die Bewahrung des Status quo. Doch auch die „Linken“ hatten ein festes Idealbild als Endziel, in dem keine Veränderungen mehr nötig sein würden. Reformen, Revolutionen und Transformationen galten als Mittel zum Zweck, um dieses Ideal zu erreichen. Veränderung war notwendiges Übel auf dem Weg zum kollektiven Idealzustand. Widerstände gegen diesen Prozess wurden als das „Böse“ betrachtet, das es zu überwinden galt. Die Welt in Bewegung zu sehen, war nur ein Beweis dafür, dass noch Widerstände beseitigt werden mussten. Um diesen Idealzustand zu erreichen, war die Inbesitznahme der „Wahrheit“ zentral für die es sich zu kämpfen lohnte. So geht die christliche Lehre davon aus, dass die Wahrheit gut ist und das Gute unzerstörbar ist.  Wenn wir also den Zustand der Wahrheit bzw. den Idealzustand erreicht haben, dann kann er auch nicht mehr verändert werden.

Hegel und Marx

Ideologen aller Richtungen stehen daher in einem Spannungsverhältnis zur Wissenschaft, deren Aufgabe es ist, Theorien zu hinterfragen und – wenn möglich – zu widerlegen. Doch auch die Wissenschaft ist nicht frei von der Vorstellung eines historischen Fortschritts hin zu einem Idealzustand. Friedrich Hegel analysierte die Menschheitsgeschichte und kam zu dem Schluss, dass sie einem rationalen Plan folge und kontinuierlichen Fortschritt bedeute. Das Endziel der Geschichte sah er in einem vernünftigen Staat, in dem Individuen ihre Freiheit im Einklang mit dem Gemeinwohl verwirklichen. Karl Marx griff diese Gedanken auf und interpretierte die Geschichte als Abfolge von Klassenkämpfen, die unvermeidlich zum Sozialismus führen würden, da die Widersprüche des Kapitalismus schließlich zu seiner Überwindung führen. Sowohl Hegel als auch Marx sahen den Lauf der Geschichte als vorherbestimmt und unveränderlich an. Eine offene Zukunft, die menschliche Freiheit und Selbstbestimmung erlaubt, ließen sie dabei außer Acht.

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