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Wenn der Junkie zum Therapeuten wird

von Andreas Dolezal

Gemunkelt wird seit Dezember 2024. Ende Januar 2025 bestätigte die EU-Kommission ihre Pläne zum Abbau der „grünen“ Bürokratie in einer Pressemitteilung. Die EU soll wieder wettbewerbsfähig werden und nachhaltigen Wohlstand sichern. Ein Baustein soll das drastische Reduzieren des Regelungs- und Verwaltungsaufwands sein, der Unternehmen zunehmend erdrückt. Der Verwaltungsaufwand für Unternehmen soll um mindestens 25 Prozent und für KMU um mindestens 35 Prozent sinken.

Im Fahrwasser des Grünen Deals beschert die EU Unternehmen aller Größen und Branchen eine Flut an Regelwerken, die im Detail ebenso unausgegoren wie praxisfern sind. Nachhaltigkeitsberichte gemäß CSRD auf Basis des europäischen Berichtsstandards ESRS und Sorgfaltspflichten in der Lieferkette (CSDDD) binden enorme zeitliche, personelle und finanzielle Ressourcen, die echten Beiträgen zum Klimaschutz bitter fehlen. Vielfach droht die EU den Unternehmen Strafzahlungen in Milliardenhöhe an, die in Forschung und Entwicklung besser investiert wären.

Die EU hat sich unter der Präsidentschaft von Ursula von der Leyen zum Oberlehrer für den globalen Kampf gegen den Klimawandel gemacht. Wirft man einen Blick auf die Fülle an Rechtsakten, die seit 2019 die grüne Transformation begründen sollen, drängt sich der Vergleich mit einem Drogensüchtigen auf. Zaghaft begonnen mit der Regulierung der Finanzindustrie, dann ausgedehnt auf (wenige) große Unternehmen und schrittweises Ausrollen auf viele kleine KMU, kaum ein Wirtschaftsbereich, der noch nicht direkt oder indirekt von grüner Bürokratie erfasst ist.

Immer mehr Regulierung in immer stärkeren Dosen. Im Regulierungsrausch gehen Augenmaß und Kontrolle verloren. 30.000 EU-Beamte und eine abgehobene EU-Kommission sind süchtig nach Regelwerken. Ausgerechnet der Regulierungsjunkie EU präsentiert sich jetzt als Therapeut für die Regulierungssucht. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

So sehr ein Abbau von Bürokratie, nicht nur der grünen, wünschenswert und für den nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg – um nicht zu sagen Fortbestand – von Europa dringend notwendig ist, so sehr müssen wir skeptisch sein, ob der Verursacher der Misere auch in der Lage ist, sie zu beseitigen.

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