Andreas Dolezal
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Der „Schwarze Schwan“ namens DeepSeek

von Andreas Dolezal

Am 24. Januar 2025 löste das chinesische KI-Modell DeepSeek ein veritables Beben an den Börsen aus. Dass in China eine derart leistungsfähige und günstige KI-Anwendung entwickelt wurde, hat viele namhafte US-Tech-Giganten und deren Investoren ebenso überrascht wie auf dem falschen Fuß erwischt. Erlebt die Tech- und KI-Branche gerade ihren „Schwarzer Schwan“? Oder, mit Anspielung auf das DeepSeek-Logo, ihren „Schwarzen Wal“?

Als „Schwarzen Schwan“, wie zum Beispiel den Terrorangriff auf das New Yorker World Trade Center im September 2001 („9/11“), bezeichnen wir ein von niemandem vorhergesagtes Ereignis, das unerwartet eintrifft und erhebliche, wenn nicht gar massive Folgen hat bzw. Betroffene dazu zwingt, ihre Sicht der Dinge zu ändern. Die Veröffentlichung von DeepSeek kommt so einem Ereignis sehr nahe.

Wie sehr die mächtigen Player der KI-Branche geschockt wurden, zeigt sich an der unmittelbar ausgelösten Talfahrt an den Aktienbörsen. Chiphersteller Nvidia verlor etwa 20 % seiner Marktkapitalisierung, das entspricht etwa 600 (!) Mrd. USD. Zum Vergleich: Alle Titel im ATX sind zusammen ca. 115 Mrd. Euro wert. Übers Wochenende wurde also ein Börsenwert vernichtet, der fünfmal so groß ist wie der gesamte ATX, oder etwa einem Drittel des DAX40 entspricht.

Auch andere KI-Protagonisten wie Microsoft, Alphabet (Google), Amazon und Meta stürzten an den Börsen, wenn auch nur vergleichsweise kurzfristig und nicht so massiv, ab. Die ganze KI-Community wurde von DeepSeek, das Berichten zufolge so gut performt und dessen Entwicklung so wenig Geld gekostet hat, eiskalt auf dem falschen Fuß erwischt.

Dabei erhält DeepSeek nicht durchwegs beste Noten. Einerseits bestärkt das KI-Modell den Eindruck, dass China – trotz Chip-Embargo – den Anschluss an bekannte US-KI-Modelle findet und Berichten zufolge in mancher Hinsicht sogar überlegen ist. Andererseits weicht es kritischen Fragen nach dem chinesischen Regime aus und, wie so oft bei Anwendungen aus China, bleibt die Frage nach Datenschutz und Wahrung der Privatsphäre unbeantwortet.

Selbst wenn DeepSeek (noch) nicht der „Schwarze Schwan“ der KI-Welt ist, dann doch zumindest ein lauter Weckruf. KI geht auch günstiger und ohne US-Hightech-Chips. Einen neuen Konkurrenten haben die vorhandenen KI-Modelle jedenfalls erhalten.

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