Meine Herzallerliebste und ich fuhren mit der Straßenbahnlinie „Ak“ über die Reichsbrücke zur Alten Donau. Dort nahmen wir ein Ruderboot und genossen einen wunderschönen, lauen Sommertag. Später, zur Jause, gab es Fleischlaberln mit Gurkensalat. Gerade wollte ich meinem Schatzerl etwas Liebes sagen, als es läutet.
Läuten? – Ach Gott, ein Tagtraum. Der Anruf kommt von einer der in Wien wahlwerbenden Parteien. Jahrelang blieb ich völlig unbehelligt, so ganz nach dem Lied von Max Raabe, das jeder kennt: „Kein Schwein ruft mich an, keine Sau interessiert sich für mich“, Jetzt türmen sich Briefe an den lieben Mario und das Telefon läutet unentwegt. Man teilt mir mit, die Stadt werde nun noch schöner und sicherer werde. Und man verspricht alles, was man bisher, pardon, im Eifer des Geschäfts, vergessen habe, werde man nach der Wahl – und zwar gleich und sofort – verbessern. Aber Dalli. Man müsse nur die Richtigen wählen. Und bei dieser „Dauertelefoniererei“ soll ich zugleich über die aktuelle Sicherheitslage mit einem Ausblick auf die Wirtschaftslage berichten.
Die FWO – so schön könnte Zukunft sein
Da fällt mir die internationale Ausgabe von risControl – „The risControl Times“ – in die Hände. Sie berichtet, dass es gelungen sei, die FWO, die „Free World Organization“, zu gründen. Bestehend aus der EU, Großbritannien, Kanada, Australien und Japan. Die FWO wäre der mächtigste wirtschaftspolitische Faktor im Weltgeschehen. Vergleichbare, aktuelle Wirtschaftsdaten bestätigen das. Die USA haben (2023-2024) ein BIP nominal (Mrd. USD) von etwa 27.000 Mrd. US Dollar, die FWO käme auf etwa 28.000 Mrd. USD. Und bei der Bevölkerungszahl sieht es nicht anders aus: USA 335 Mio. FWO cca. 830 Millionen Euro.
Zwicks mi, i man i tram
Doch die Idee kam über das Stadium der Gründungsidee nie hinaus – abgesehen davon, dass es schon entsprechende Handelsverträge gibt. Allein: Europa würde ohnedies nie einig sein. Nicht nur kleine Mitgliedsländer kochen gerne ihr eigenes Süppchen – wobei manches Gulasch so heiß ist, dass selbst Euroskeptiker es nicht mehr genießen können.
Amerika, du hast es besser?
War jahrzehntelang ein üblicher Spruch. Doch jetzt wütet – in den Augen der Welt – Herr Trump, der der englischen Presse zufolge Politik mit dem Vorschlaghammer betreibt. Die Amis haben ihn gewählt, weil er versprach, er werde nicht nur Amerika groß, sondern auch die Amerikaner reicher machen. Weil sie nicht mehr für die ganze Welt zahlen müssen. Ganz besonders böse ist Herr Trump übrigens auf Europa. Da fällt so manches Schimpfwort.
Jetzt, da der Vorschlaghammer wütet, merken die Amis, dass die trump’sche Herrschaft nicht nur gut, sondern auch teuer wird. „Wartet doch ab“, sagt Präsident Trump. „Das ist nur vorübergehend.“ Die übrige Welt steht vor einem Dilemma: Wie soll man gegen diese Gaslighting-Politik vorgehen? Wissende sagen: Abwarten. Denn es ist übliche Verhandlungsroutine des amerikanischen Präsidenten: „Erst Keule, dann Handschlag.“ Das böse Theater rund um den ukrainischen Präsidenten ist ein eindrucksvolles Schauspiel dazu. Jetzt hat der amerikanische Präsident seine „Gold“-Mine – und ist weiterhin bereit, die Ukraine zu schützen. Mit dem kleinen Unterschied, dass jetzt sofort bar bezahlt werden muss.
Die Trump’sche Taktik
Manche Projektentwickler verhandeln nicht – sie führen einen Feldzug. Zuerst wird eskaliert, gedroht, gedemütigt. Der Partner wird systematisch unter Druck gesetzt, in die Ecke gedrängt, öffentlich entwertet. Doch kaum hat er klein beigegeben, wird ihm plötzlich die Hand gereicht: „Wir sind doch Freunde.“ Diese Form der „freundlichen Erpressung“ funktioniert nach dem Prinzip der kalkulierten Eskalation: Der Projektentwickler baut eine Katastrophe auf – nur um sie später großmütig abzuwenden, sofern der andere bedingungslos nachgibt. Auf die Frage, was er zur EU meint sagt Donald: „Das interessiert mich nicht.“
Der Kaiser von Amerika
Das amerikanische Volk liebt seinen Präsidenten. Und gerne erklärt er seinem Volk, was er alles schon dafür getan hat. Gerne hört er den Ruf aus dem Volke, er möge doch, bitte, weiterregieren. Er ist bescheiden. Doch im trump’schen Drehbuch, geschrieben von der Geheimloge 2025, steht anderes. Zwar spricht er „nur“ von einer möglichen dritten Amtszeit. Das Ziel ist wohl, so was wie der König von Amerika zu werden. Doch selbst das ist seinem Thinktank zu wenig. Wenn schon, denn schon. Zwar sieht das die US-Verfassung nicht vor – aber wer genau beobachtet, merkt: Trump steht nur noch zwei Schritte vor seinem Ziel: Kaiser von Amerika. Und wie ein Politiker aus den 1930-Jahren, braucht er keine Parteien, oder Parlament. Er regiert mit Dekreten.
Kaiser von Amerika. Den hat es schon einmal gegeben: einen Mann, der sich im 19. Jahrhundert (1818–1880) zum „Emperor of the United States“ erklärte. Sein Name: Joshua Abraham Norton. Er durfte gratis Bahn fahren, hatte eigene „Dekrete“, wurde sogar von der Polizei mit „königlicher Ehrerbietung“ behandelt. Na, und was Joshua kann, kann Donald schon lange. Nur: heutzutage wird gratis geflogen.
Trump betont, dass er sein Ziel auf völlig demokratische Weise erreichen will. Dazu verspricht er dem Volk die sinnlosen Millionenkosten einer Wahl einzusparen. Wozu auch, wenn alle Umfragen bestätigen, dass ihn ganz Amerika liebt? Also, fast ganz Amerika. So an die siebzig Prozent sollen es sein.
Donald verspricht noch mehr Gutes
„Ich erspare euch den mühsamen Weg zum Wahllokal, die Parkplatzsuche, das endlose Anstehen und die ärgerliche Bedienung einer Wahlmaschine – die ohnehin nicht absolut korrekt arbeitet.“ Nein, my fellow americans,, bleibt ruhig und gemütlich daheim. Nehmt euer Handy und drückt auf den Wahlknopf. Mehr braucht ihr nicht zu tun. Natürlich bekommt nicht jeder Ami so ein Handy. Zumindest Vertrauenswürdigkeit und die Akzeptanz des „GRÖPAZ“ (Größter Präsident aller Zeiten) sollten schon gegeben sein.
Erinnerungen
Manche erinnern sich an üble Zeiten – an die 30er-Jahre des vorigen Jahrhunderts. Denn wie in so vielen anderen Bereichen auch, ist Trumps zweite Amtszeit ein ganz anderes Kaliber. Selbst dem renommierten Smithsonian Institution – weltweit größter Museums-, Bildungs- und Forschungskomplex – ist das Gehabe Herrn Trumps nicht geheuer. Und der Guardian, eine der besten Zeitungen der Welt, titelt: „Es erinnert an einen faschistischen Staat.“
Das gilt heute: „Wer den Vorschlaghammer besitzt, hat recht.“ Die Österreicher bemühen sich erstaunlich gut, sich in diesen unruhigen Zeiten einzurichten. Einer davon, ein Wiener, hat den Vogel abgeschossen. Auf die Frage, was er denn von der Weltlage und von Herrn Trump im Besonderen halte, meinte er: „An Wein wü i und daun mei Ruah.“
Ja, das ist halt so.
Andern geht es ebenso. In dieser total, total verrückten Welt ist Überlebenskampf heute so etwas wie Selbstverteidigung. Ein weiser Mann soll einmal gesagt haben: Kaiser kommen und gehen – nur eines bleibt immer bestehen: Die Dummheit.
Ob das ein Trost ist – das zu entscheiden überlasse ich Ihnen, liebe Leser.
Mario Passini