„Atomenergie als nachhaltig einzustufen ist der Sündenfall. Sollte die EU-Kommission tatsächlich Atomenergie als taxonomiekonform und damit als nachhaltig klassifizieren, wird der Glaubwürdigkeit des Instruments Taxonomie ein schwerer Schaden zugefügt“, zeigt sich Josef Plank, Leiter der Abteilung Wirtschafts-, Agrar-, und Europafragen im Österreichischen Raiffeisenverband (ÖRV), von den letzten Entwicklungen in Brüssel entsetzt. „Unbestritten haben die einzelnen Mitgliedsstaaten das Recht ihren Energiemix frei zu wählen. Aber eine Technologie, die neben einem sehr hohen Betriebsrisiko für unzählige kommende Generationen nicht absehbare Auswirkungen haben wird und zudem unendlich hohe Lagerungskosten für Atommüll verursacht, darf nicht als nachhaltig gelten.“
Diese Vorgehensweise ist eine schwere Verwerfung in einer faktenorientierten Diskussion. Es wird dabei riskiert, dass Unternehmen und Technologien, die seit Jahrzehnten einen eindeutigen Beitrag für eine klimaneutrale Energieversorgung leisten, durch die EU-Taxonomie schlechter gestellt werden als nicht nachhaltige Modelle. Das könne umso weniger akzeptiert werden, wenn man bedenkt, welches Ziel die EU-Taxonomie haben soll: Unternehmen belohnen, die ihre Investitionen an der Nachhaltigkeit ausrichten, die Rolle der Finanzwirtschaft für eine Entwicklung in die richtige Richtung stärken und die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen.
Für echte Nachhaltigkeit steigt der bürokratische Aufwand
„Wenn kritische Technologien wie Energie aus Atomkraft für nachhaltig erklärt werden, kann und darf es nicht sein, dass Investitionen in erneuerbare Energieträger gerade im ländlichen Raum erst mit hohem bürokratischen Aufwand ihre Nachhaltigkeit dokumentieren müssen“, führe Andreas Pangl, Generalsekretär des Österreichischen Raiffeisenverbandes, weiter aus. So wurden für Bioenergie die Kriterien erst kürzlich deutlich angehoben.
„Zusätzlich belastet dieser hohe Aufwand und die damit einhergehende einseitige Ungerechtigkeit auch die Land- und Forstwirtschaft sowie den ländlichen Raum. Gerade für kleinere Finanzinstitute und genossenschaftlich geführte Banken bringt das eine Erschwernis ihrer Wettbewerbsfähigkeit“, so Plank. Es könne nicht sein, dass unter dem Titel „mehr Nachhaltigkeit“ kritische Großtechnologien und große Finanzströme profitieren, aber regionale Dienstleister leiden.
Um eine Schieflage zu vermeiden und die Glaubwürdigkeit der Taxonomie zu erhöhen, ist dringend eine Ausnahme oder radikale Vereinfachung der Kriterien für die Sektoren Erneuerbare Energien sowie Land- und Forstwirtschaft erforderlich. „Beispielsweise muss sichergestellt werden, dass Landwirte, die bei Erhalt einer Direktzahlung erhöhte ökologische Auflagen erfüllen, automatisch als nachhaltig eingestuft werden. Es braucht keine zusätzliche Bürokratie und Belastung für die kleinen und mittleren Strukturen, weder in der Wirtschaft noch im Bankenbereich“, so Plank abschließend.