von Andrzej Barabasz - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0
in

Warnung vor zu viel Optimismus

von Mag. Christian Sec

Unter dem Motto „Der Finanzmarkt in bewegten Zeiten“ hielt die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) im Messe Wien Congress Center ihre 13. Aufsichtskonferenz ab.

Der Chef der EZB-Bankenaufsicht Andrea Enria warnt dabei in seinem Vortrag vor einem makroökonomischen Schock, aufgrund der geopolitischen Krise in Folge des Ukraine-Konflikts. Für Enria sind die Banken zu optimistisch in ihrer Geschäftsanalyse.

Banken gehen davon aus, dass sich die positiven Auswirkungen steigender Zinssätze auf die Gewinne in naher Zukunft fortsetzen werden. Dieser Effekt soll die negativen Auswirkungen der Krise wettmachen. Dieser Optimismus kommt zu einer Zeit, in der der Europäische Ausschuss für Systemrisiken letzte Woche eine Warnung zur Finanzstabilität in der EU herausgegeben hat. Enria kritisiert, wie sich eine gewisse Zurückhaltung auf Seiten der Banken ausbreitet, sich ernsthaft auf Aufsichtsgespräche einzulassen.

Die aktuelle Krise wird wahrscheinlich unterschiedliche Auswirkungen auf die Banken haben, je nachdem, wie sich diese besondere Kombination von Risiken, wie hohe Inflation, schneller als erwarteter Anstieg der Zinssätze und die zunehmende Volatilität der Märkte, auf ihr Geschäftsmodell und ihre Bilanzstruktur auswirken werden. Aus diesem Grund hat das Aufsichtsgremium der Banken bereits gebeten, aktualisierte, individuelle Kapitalpfade zu erstellen und vorzulegen, die ungünstige Szenarien berücksichtigen und weitgehend mit den rezessiven Abwärtsprognosen der EZB übereinstimmen. Bereits jetzt zeigt sich, dass das Kreditrisiko steigt. So stieg das Ausfallrisiko bei Krediten im zweiten Quartal 2022 auf fast zehn Prozent.

Gefahr einer Immobilienblase

Der FMA-Vorstand Helmut Ettl, und Eduard Müller erläuterten die Risiken auf nationaler Ebene. Auch da sind die Gefahren vielfältig. Die höheren Zinsen werden die Finanzierung von Neugeschäften bremsen. Die drohende Rezession wird sich auf den Konsum und auf die Kreditnachfrage auswirken.

Schlussendlich gab es für viele Jahrzehnte eine längere Phase des billigen Geldes, was zu Fehlallokationen in verschiedenen Bereichen führte. Ein Beispiel sind die Kryptoassets, wo es bereits eine Preiskorrektur gab. Viele sehen auch im Immobilienmarkt die Gefahr einer Blase. Die Immobilienpreise haben sich zwischen 2010 und 2021 verdoppelt. Im Euroraum sind diese nur um ein Drittel gestiegen. In Wien sind die Wohnimmobilien, laut ÖNB um 45 Prozent überbewertet. Die jährliche Wachstumsrate bei Immobilienkrediten betrug 4,2 Prozent, ein Anstieg der mehr als doppelt so hoch war als in der EU.

Nicht zuletzt hat der intensive Wettbewerb unter den Banken dazu geführt, dass die Vergabestandards bei Immobilienkrediten nachgelassen haben. Bei Wohnimmobilienkredite steckt in Österreich mit fast 50 Prozent ein überproportional hoher Anteil in variablen Krediten, so Müller. Die FMA habe mit einer neuen Verordnung für Wohnimmobilienkredite reagiert, sodass die Beleihungsquote nun höchstens 90 Prozent beträgt, die Schuldendienstquote wurde mit 40 Prozent festgelegt und die maximale Laufzeit mit 35 Jahren. Bislang zeigt sich der Finanzsektor jedoch stabil. Während der Finanzsektor in der Finanzkrise noch Teil des Problems war, ist er nun Teil der Lösung von Problemen, so der FMA-Vorstand. Eine verbesserte Datenlage und letztendlich die Kapitalausstattung der Branche ist die Basis gut durch die Krise zu kommen.

Ettl lobt auch die Zusammenarbeit innerhalb der Bankenunion. Man solle aber auch nicht zu optimistisch sein, warnt Ettl. „Was wir in den nächsten Monaten erleben werden, schaut herausfordernder aus, als es die Covid-Zeit war. Nicht zuletzt aufgrund der gestiegenen Staatsverschuldung ist die Wirtschaft nun stärker verwundbar. „Das bereitet große Sorgen“, so Ettl.

Gerüstet für kommende bewegte Zeiten

Aber auch die Chancen einer Krise dürfe man nicht übersehen, erinnert der FMA-Vorstand. Es ist noch nie so viel in Digitalisierung investiert worden, wie in den zwei Jahren der Covid-Krise. Und die Nachhaltigkeit erfährt nun durch die Ukraine-Krise einen Booster.

Verena Ross, Exekutivdirektorin der Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) sprach über die Herausforderungen eines fragilen und unvorhersehbaren Markts. Das Aufspüren und die Reaktion auf Gefährdungen der Finanzstabilität oder Investoren sei heute wichtiger als jemals zuvor. Dies ginge jedoch nur in der Zusammenarbeit mit den nationalen Aufsehern, die gut funktioniere.

„Wir sind jedenfalls gut gerüstet für die kommenden bewegten Zeiten“, so Ross. Das Ziel der Europäischen Bankenaufsicht ist auch, dass mehr private Investoren in den Finanzmarkt eintreten und nicht nur mit ihrem Bankkonto partizipieren. „Dabei müssen wir sicherstellen, dass das Vertrauen der Investoren nicht verloren geht“. Daher ist die Transparenz wichtig, um damit auch Greenwashing zu bekämpfen. „Wir sind noch nicht am Ziel, aber Investoren können nicht erfolgreich sein, ohne eine Aufsicht“.

In einer anschließenden Podiumsrunde erklärt der FMA-Chef Müller, dass es trotz der Liebe zum Sparbuch in Österreich eine Entwicklung in Richtung Wertpapiere gebe, bei Privatanlegern. Dabei zeigte sich, dass vor allem während der Pandemie die Menschen mehr Zeit und Geld zur Verfügung hatten und begannen sich mit den Kapitalmärkten zu beschäftigen. Auffällig ist diesbezüglich die dramatische Verjüngung auf dem Kapitalmarkt. Die Anzahl der 18 bis 24-jährigen habe sich vervierfacht. Auch Steuersysteme und Rentensysteme beeinflussen die Aktienquote eines Landes. In Griechenland, Luxemburg und Polen haben die Haushalte besonders viel Cash. Tschechien, Lettland, Finnland und Schweden weisen eine Aktienquote von einem Drittel auf, was wiederum weit über dem europäischen Schnitt ist. In Finnland liegt der Fondsanteil bei 75 Prozent derer die Wertpapiere halten, in Frankreich liegt dieser Anteil bei 12 Prozent. Dort ist wiederum der Anteil der Lebensversicherung sehr hoch im Kurs. Dies zeige den Einfluss von Kultur, Sozial- und Steuersysteme in den verschiedenen Ländern, so Ross.

Bernadette Kamleitner, Institutsleiterin für Marketing und Consumer Research an der WU-Wien, weist darauf hin, dass innerhalb eines Landes die Unterschiede meist noch viel größer sind als über die Landesgrenzen hinweg. Durch die Digitalisierung hat sich jedoch angebotsseitig viel getan. „Es scheint nun alles möglich zu sein“. Das hat einen Wertewandel zur Folge. „Man kann selbst alles machen, und man hat die Verpflichtung alles zu optimieren“. Zusätzlich fühlt sich das digitalisierte Geld viel spielerischer an. Die Familie aber auch der Berater sind nicht mehr die einzigen Referenzpunkte, für die richtige Anlage. Nun ist es der Influencer geworden, der noch dazu cool ist. Dabei wird einem vermittelt: „Du bist dumm, wenn du nichts machst und es ist superleicht Geld anzulegen“. Man muss dabei nicht warten, bis man reich ist. Die große Frage wird sein, so Kamleitner: Was die Inflation und die extreme Zukunftsangst, die wir jetzt sehen machen wird, mit einem Asset, das spielerischer geworden ist. Das ist nur schwer vorhersehbar. Peter Hagen, Aufsichtsratsvorsitzender der Balance Re kritisiert die einheitliche Kundenansprache bzw. die Ansprache nach Generationen (X,Y,Z). „Kein Verkäufer käme auf die Idee, bei jedem Kunden die gleiche Sprache und die gleichen Thematiken anzuwenden“. Er fordert von den Lebensversicherern, dass man auch digital eine Fondsgebundene LV abschließen kann, was bislang nicht funktioniert. „Ich habe es versucht, bin aber nicht fündig geworden“. Die Lebensversicherung muss ihr digitales Angebot verbessern, aber auch ihr Angebot an Fonds, wenn sie konkurrenzfähig bleiben wollen. „Wir wissen, dass Private Equity Fonds besser performen als die Public Fonds. „Warum soll man diese Märkte nur denjenigen vorbehalten, die eh schon vermögend sind?“.

Lesen Sie mehr in der nächsten risControl Print Ausgabe.

3D Vermessung

Neuer Vertriebs­vorstand