Mit der Retail Investment Strategy (RIS) will die EU den Schutz von Kleinanlegern bei Versicherungsanlageprodukten weiter verbessern. Dabei werden auch Honorierungsmodelle, Vermittlerstrukturen und Beratungspflichten in Frage gestellt.
Die Retail Investment Strategie (RIS) muss nicht zwingend zu Veränderungen des nationalen Rechts führen, erklärt Univ. Prof. Dr. Stefan Perner in seinem Vortrag beim Expert:innentreffen der Versicherungsmakler in Rust. Dennoch könnte die RIS als Anlass genommen werden, um einige Anpassungen im österreichischen Recht vorzunehmen. Insbesondere drei zentrale Fragestellungen stehen im Fokus: Müssen die Honorierungsmodelle für Versicherungsmakler angepasst werden (1)? Müssen die Vermittlerstrukturen überarbeitet werden (2)? Und wie verändern sich die Beratungspflichten (3)?
Vorbild Kreditvermittler
Zur ersten Frage (1): Die Honorierung auf Provisionsbasis soll weiterhin zulässig bleiben, wie aus dem Kommissionsvorschlag hervorgeht. Eine Ausnahme gilt für Versicherungsmakler, die ihre Beratungsleistung als „unabhängig“ anbieten. Diese Makler dürfen keine Provision annehmen. Ein „ungebundener“ Makler hingegen kann weiterhin Provisionen entgegennehmen und behalten. Aufgrund der geltenden Regelungen in der Gewerbeordnung, den Standesregeln, dem Maklergesetz und dem Versicherungsvertragsgesetz (VersVG) folgert Perner, dass der Versicherungsagent als „gebunden“ gilt, während der Versicherungsmakler immer „ungebunden“ ist, weil er keine Verpflichtung zum Vertrieb hat. Die gesetzliche Unabhängigkeit des Maklers wird jedoch nirgends explizit erwähnt, nicht einmal im Maklergesetz (außer in den AGBs des Maklers). Das ist ein ziemlicher Paradigmenwechsel, weil die Unabhängigkeit des Maklers bisher nie in Frage gestellt wurde. Aber auch wenn das Selbstbild nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht, merkt Perner an, dass die Korrektur dieses Selbstbildes einfach wäre: „Es ist in Ordnung, Versicherungsmakler zu sein, und nicht unabhängig.“ Der Makler, der Provision bezieht, dürfe eben nicht mehr mit seiner Unabhängigkeit werben und müsste diese aus den AGBs streichen. Das Spannungsfeld zwischen der proklamierten Unabhängigkeit gegenüber dem Kunden und der Annahme von Provisionen durch Unternehmen ist offensichtlich, erklärt er. Als Vorbild für eine gesetzliche Überarbeitung könnte die Regelung für Kreditvermittler dienen. In der Gewerbeordnung wird dort klar zwischen unabhängigen und ungebundenen Kreditvermittlern unterschieden, wobei unabhängige Vermittler keine Provisionen annehmen dürfen.
Vereinfachung der Differenzierung
Bei der Frage nach den Vermittlerkategorien (2) schlägt Perner vor, den „Berater in Versicherungsangelegenheiten“ zu streichen, da dieser im Grunde nichts anderes als der unabhängige Versicherungsmakler sei. Zudem plädiert er für eine Vereinfachung der Differenzierung der Vermittlertypen. „Es ist sehr schwierig, den gebundenen Agenten mit vielen Agenturverträgen vom ungebundenen Versicherungsmakler mit Rahmenprovisionsvereinbarungen zu unterscheiden“, erklärt Perner. Es sollte daher lediglich zwischen gebundener Beratung (Agenten, die für eine Versicherung tätig sind) und ungebundener Beratung (Makler) unterschieden werden. Auch der Mehrfachagent würde in diese Kategorien fallen. Man sollte bei der Versicherungsvermittlung künftig drei Vermittlungskategorien haben. Den gebundenen Agenten und den ungebundenen Makler. Ist der Makler im Einzelfall auch unabhängig, greifen dann auch noch die Provisionsbeschränkungen. Perner plädiert dabei auf eine proaktive Gestaltung des Gesetzgebers, auch in Hinsicht darauf, dass möglicherweise die Regeln ausgeweitet werden auf andere Versicherungsprodukte. „Mit der gerade skizzierten Regel hätte man jedenfalls ein Konzept, auf das man verweisen könnte, wenn der Europäische Gesetzgeber später generelle und umfassende Provisionsverbote diskutiert.“
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