©DallE 16.12.31
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Geldpolitische Lockerung in China

von Michael Kordovsky

 Chinesische Zentralbank wirkt mit Zinssenkungen und Reduktion des Mindestreservesatzes der Immobilienkrise entgegen. Springt Chinas Konjunktur an, drohen weltweit höhere Inflationsraten.

Von Chinas Konjunkturverlauf hängen in unseren Breiten Inflationsraten und Leitzinsen ab. Eine Konjunkturerholung in China kann nachfragebedingt Energie- und Rohstoffpreise in die Höhe treiben und zu Zinsenttäuschungen in Form eines längeren Leitzinsplateaus auf relativ hohem Niveau zur Folge haben. Deshalb an dieser Stelle ein Blick ins Reich der Mitte:

Im zweiten Quartal 2024 verzeichnete China ein Wirtschaftswachstum von 4,7 %, was unter den Erwartungen lag und auf die schwächelnde Nachfrage und strukturelle Probleme zurückzuführen ist. Besonders schwer trifft es den Immobiliensektor: Im August 2024 brachen die Immobilienverkäufe weiter ein, und der Preisverfall beschleunigte sich. Diese Entwicklungen verschärften die Krise am Immobilienmarkt, der bereits seit 2021 unter den Zahlungsausfällen großer Immobilienentwickler leidet. In diesem Kontext sah sich die chinesische Regierung gezwungen, umfangreiche Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft und des Immobilienmarkts zu ergreifen.

  1. Zinssenkungen durch die People’s Bank of China

Die People’s Bank of China (PBoC) hat im September 2024 eine Reihe von Leitzinssenkungen vorgenommen, um die Konjunktur zu stimulieren. Der Schlüsselzinssatz für siebentägige Reverse-Repo-Geschäfte wurde um 20 Basispunkte auf 1,5 % gesenkt. Dieser Satz dient als Benchmark für viele Kredite. Auch die Zinssätze für 14-tägige Reverse-Repos sowie für kurzfristige Liquiditätsgeschäfte wurden um jeweils 20 Basispunkte gesenkt. Weitere Senkungen folgten für Tages-, Sieben-Tage- und Ein-Monats-Fazilitäten.

Zusätzlich wurde der Zinssatz für die mittelfristige Kreditvergabe an Banken (Medium-Term Lending Facility, MLF) um 30 Basispunkte auf 2,0 % gesenkt. Diese Maßnahme betrifft 300 Milliarden Yuan (rund 42,7 Milliarden USD) an Krediten der mittelfristigen Ein-Jahres-Refinanzierungsfazilität und soll das Bankensystem entlasten und die Kreditvergabe an die Realwirtschaft erhöhen.

  1. Senkung der Mindestreserveanforderungen (RRR)

Die chinesische Zentralbank kündigte ebenfalls eine Senkung des Mindestreservesatzes (Reserve Requirement Ratio, RRR) um 0,5 Prozentpunkte (gewichteter Durchschnitt sinkt auf 6,6 %) an, was zu einer Liquiditätszufuhr von etwa 1 Billion Yuan (rund 142 Milliarden USD) in das Bankensystem führte. Diese Maßnahme zielt darauf ab, die Liquiditätslage der Banken zu verbessern, sodass diese mehr Kredite vergeben können, insbesondere an kleine und mittlere Unternehmen. Die RRR-Senkung betrifft jedoch nicht alle Banken gleichermaßen: Finanzinstitute mit einem bereits niedrigen RRR von 5 % sind von der neuen Regelung ausgenommen.

  1. Senkung der Hypothekenzinsen

Eine weitere wichtige Maßnahme der PBoC betrifft die Hypothekenzinsen. Die Zentralbank hat den Banken angewiesen, die Hypothekenzinsen für bestehende Kredite bis Ende Oktober 2024 um mindestens 30 Basispunkte unter die aktuelle Prime Rate zu senken. In der Praxis sollten die Hypothekarkreditzinsen sogar um 0,5 Prozentpunkte sinken. Dies stellt eine signifikante Entlastung für Haushalte dar und wird voraussichtlich die Belastungen für mehr als 50 Millionen Haushalte in China verringern, wodurch die jährlichen Hypothekenkosten insgesamt um umgerechnet 21,3 Milliarden USD gesenkt werden sollten. Durch die Reduzierung der Hypothekenzinsen soll die Nachfrage nach Wohnimmobilien wiederbelebt werden, was sowohl den Immobilienmarkt stabilisieren als auch die Konsumausgaben der Haushalte fördern soll.

  1. Senkung der Mindesteigenkapitalanforderungen für Immobilienkäufe

Neben den Zinssenkungen hat die PBoC auch die Anforderungen für die Mindesteigenkapitalquote beim Kauf von Immobilien gelockert. Für den Erwerb von Zweitwohnungen wurde die erforderliche Eigenkapitalquote von 25 % auf 15 % gesenkt. Diese Maßnahme soll den Immobilienmarkt ankurbeln, der durch den Rückgang der Verkäufe und den Wertverfall von Immobilien stark unter Druck steht. Durch die Absenkung der Eigenkapitalanforderungen wird es Käufern erleichtert, neue Immobilien zu erwerben, was die Nachfrage in einem stagnierenden Markt erhöhen könnte. Gleichzeitig sollen die Maßnahmen zur Senkung der Finanzierungskosten dazu beitragen, das Vertrauen der Verbraucher zu stärken.

Weitere Fördermaßnahmen und Ausblick

Neben den geldpolitischen Maßnahmen arbeitet die chinesische Regierung auch an fiskalischen Stimuli, um das Wachstum zu unterstützen. Insbesondere der Immobiliensektor steht im Mittelpunkt dieser Bemühungen, da er einen großen Teil des chinesischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmacht und stark mit der Nachfrage in anderen Sektoren verbunden ist. Die Regierung hat zudem angekündigt, die bestehenden Förderprogramme für Bauentwickler und deren Finanzierung bis 2026 zu verlängern, um die Liquidität dieser Unternehmen sicherzustellen.

Insgesamt zielt das Maßnahmenpaket der PBoC darauf ab, die Liquidität zu erhöhen, die Kreditkosten zu senken und die Nachfrage im Immobiliensektor wiederzubeleben. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob diese Schritte ausreichen, um die chinesische Wirtschaft wieder auf einen stabilen Wachstumspfad zu führen, da strukturelle Probleme, wie die hohe Verschuldung und Überkapazitäten im Immobiliensektor, weiterhin bestehen.

Gelingt aber eine Ankurbelung der Konjunktur, dann nimmt der Rohstoffhunger Chinas wieder zu und steigende Rohstoffpreise werden auch in unseren Breiten ein Inflationsfaktor.

Financial Lines Dialog

Landesdirektion Salzburg