Die ausreichende fachliche Eignung von Gewerbetreibenden ist eines der Wesensmerkmale des österreichischen Gewerberechts. Im Fall von Versicherungsvermittlern umfasst dies auch Fortbildungspflichten. Dem Gesetzgeber folgend liegen Sinn und Zweck dieser Pflichten darin, dass Versicherungsvermittler stets am neuesten Stand betreffend Produktentwicklungen und einzuhaltenden Rechtsvorschriften sind, um den Kunden ein „angemessenes Leistungsniveau“ bieten zu können. Doch was geschieht, wenn der Versicherungsvermittler seine Fortbildungsverpflichtung nicht (ausreichend) erfüllt? Bei einer Kontrolle des Wiener Marktamtes im Jahr 2020 wurden bspw. 70 Wiener Versicherungsvermittler kontrolliert, 20 von Ihnen erfüllten die Pflicht zur Fortbildung nicht bzw. nicht ausreichend. Eine solche Missachtung der Fortbildungspflicht kann unmittelbare Auswirkungen auf die Gewerbeberechtigung, Provisionen sowie die eigene Haftpflichtversicherung haben und damit zum erheblichen Stolperstein im Arbeitsalltag werden. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die relevanten Folgen für Versicherungsmakler bei mangelnder Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung.
1. Die Gewerbebehörden machen Ernst
In der Gewerbeordnung ist vorgesehen, dass Personen, die an der Versicherungsvermittlung mitwirken, im Kalenderjahr 15 Stunden an beruflicher Schulung und Weiterbildung zu absolvieren haben. Konkret müssen diese Verpflichtung drei Personenkreise erfüllen: (1) Einzelunternehmer; (2) bei Gesellschaften diejenigen Personen, die dem Leitungsorgan eines Unternehmens angehören und für die Versicherungsvermittlung maßgeblich verantwortlich sind, sowie (3) die direkt an der Versicherungsvermittlung mitwirkenden Beschäftigten.
Dass es sich bei der Weiterbildungspflicht für Versicherungsvermittler nicht nur um eine nett gemeinte Empfehlung des Gesetzgebers handelt, zeigt bereits ein kurzer Blick in die Gewerbeordnung. Darin ist festgeschrieben, dass die Gewerbebehörde dem Versicherungsvermittler die Gewerbeberechtigung zu entziehen hat, wenn dieser die erforderliche fachliche Eignung wiederholt – sohin mindestens zwei Mal – nicht erfüllt. Zur fachlichen Eignung zählt auch die Absolvierung der erforderlichen Stunden an Fortbildungen. Die Gewerbebehörden verfolgen diesbezüglich einen strengen Maßstab, sodass bereits nach dem zweiten Nicht-Erfüllen der notwendigen Stunden mit dem (befristeten) Entzug der Gewerbeberechtigung zu rechnen ist. Außerdem ist es nicht primär entscheidend, ob sich die Verletzung der Weiterbildungsverpflichtung in der Person des Gewerbeinhabers selbst, eines Leitungsorgans oder eines Beschäftigten wiederholt. Zieht ein Gewerbetreibender daher einen Mitarbeiter für die Versicherungsvermittlung heran und erfüllt dieser Mitarbeiter zwei Mal (zB in aufeinanderfolgenden Jahren) die Fortbildungsverpflichtung nicht, droht ebenfalls die Entziehung der Gewerbeberechtigung.
Der Entzug der Gewerbeberechtigung kann in diesem Zusammenhang sowohl befristet als auch unbefristet erfolgen. Im Fall eines befristeten Entzugs ist die Gewerbeberechtigung nach Ablauf der behördlich festgelegten Frist wieder aufrecht und die Tätigkeit als Versicherungsvermittler kann fortgesetzt werden. Ein solcher befristeter Entzug liegt im Ermessen der Gewerbebehörde und kommt dann in Frage, wenn nach den Umständen des Einzelfalls erwartet werden kann, dass diese Maßnahme ausreicht, um ein späteres, rechtskonformes Verhalten des Gewerbeinhabers zu sichern.
So hat beispielsweise in Oberösterreich das Nicht-Erfüllen der Fortbildungsverpflichtung in einem aktuellen Fall zum befristeten Entzug der Gewerbeberechtigung geführt: Ein Versicherungsmakler absolvierte im Jahr 2019 keinerlei Fortbildung, im Jahr 2020 lediglich sieben Stunden – damit fehlten auch im Jahr 2020 acht Stunden. Aufgrund dieser wiederholten Nicht-Erfüllung der Fortbildungsstunden entzog die Gewerbebehörde dem Versicherungsmakler die Gewerbeberechtigung befristet für zwei Monate. Der Entzug war (deshalb) auf zwei Monate beschränkt, weil der Versicherungsmakler der Gewerbebehörde glaubhaft machen konnte, die gesetzliche Weiterbildungsverpflichtung in Zukunft im geforderten Ausmaß zu erfüllen.
Der Fall in Oberösterreich zeigt auch, dass weder die Gewerbebehörden noch die Verwaltungsgerichte fadenscheinigen Argumenten für das unzureichende Besuchen von Fortbildungsveranstaltungen folgen. So versuchte sich der betroffene Versicherungsmakler damit zu rechtfertigen, dass er von den neuen Vorgaben betreffend die Fortbildung keine Kenntnis hatte – erst durch ein Aufforderungsschreiben der Gewerbebehörde sei ihm im Jahr 2019 die Weiterbildungsverpflichtung bekannt geworden. Zudem sei es ihm aufgrund der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Maßnahmen auch im Jahr 2020 unmöglich gewesen, das erforderliche Stundenausmaß zu erreichen. Beide Punkte überzeugten das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (vom 19.10.2021, LVwG-851624/8/MS/Rd) nicht: Nach ständiger Judikatur kann von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass sich dieser über die für ihn relevanten gesetzlichen Bestimmungen informiert. Es gilt daher auch hier, dass Unwissenheit nicht vor Strafe – oder im gegenständlichen Fall vom Entzug der Gewerbeberechtigung – schützt! Und auch die Corona-Pandemie ist kein Vorwand für das Nicht-Erfüllen, weil Weiterbildungsveranstaltungen online stattgefunden haben und daher für jeden Versicherungsmakler weiterhin „besuchbar“ waren.
Im Ergebnis veranschaulicht der oberösterreichische Fall, wie wichtig der Besuch von Schulungsveranstaltungen ist – können Verstöße dagegen doch zum Wegfall der persönlichen Berufsgrundlage führen. Sollte die Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung einmal übersehen werden, empfehlen wir, umgehend dafür Sorge zu tragen, glaubhaft ein Konzept für die Einhaltung der Verpflichtung für die Zukunft zu entwickeln und die fehlenden Fortbildungen für das laufende Jahr ehestmöglich zu absolvieren. Außerdem empfehlen wir stets ein sorgfältiges Festhalten der Gründe in Schriftform, wenn die Verpflichtung einmal nicht eingehalten werden kann. Ein solches Vorgehen ist auch in Bezug auf mögliche Verwaltungsstrafen zu empfehlen. Versicherungsvermittler, die Angestellte beim Vertrieb von Versicherungen einsetzen, sollten außerdem entsprechende Schulungsrichtlinien implementieren und den Schulungsfortschritt der Mitarbeiter regelmäßig überprüfen.
2. Denn es kann auch teuer werden
Der Gesetzgeber hat sich nämlich auch dafür entschieden, dass Verstöße gegen die Fortbildungspflicht – sogar zusätzlich zum Entzug der Berechtigung – mit einer Verwaltungsstrafe belegt werden können. Wenn ein Gewerbetreibender selbst, dessen Leitungsorgane oder Arbeitnehmer, die er für die Versicherungsvermittlung beschäftigt, die Fortbildungsverpflichtung nicht erfüllen und somit die erforderliche Eignung zur Berufsausübung nicht besitzen, so ist der Gewerbetreibende mit einer Verwaltungsstrafe bis zu 2.180 € zu bestrafen. Die konkrete Höhe der Strafe ist einerseits abhängig von der Schwere des Verstoßes und andererseits vom Vorliegen weiterer Milderungs- und Erschwerungsgründe, zB ob die Handlung über längere Zeit fortgesetzt wurde, Verwaltungsstrafen bereits in der Vergangenheit verhängt wurden oder ob ein ernstliches Bemühen gegeben ist, weitere nachteilige Folgen zu verhindern.
Nach einem allfälligen Nicht-Erfüllen der Fortbildungsverpflichtung ist es daher sowohl in Bezug auf einen lediglich befristeten Gewerbeberechtigungsentzug als auch hinsichtlich einer Verwaltungsstrafe zu empfehlen, interne Maßnahmen zu ergreifen und zu dokumentieren, sodass die Einhaltung der Verpflichtung in Zukunft sichergestellt ist.
3. Auswirkungen auf die Berufshaftpflichtversicherung
Aus Sicht des Versicherungsvermittlers sind ferner auch die möglichen Auswirkungen auf die eigene Haftpflichtversicherung zu beachten. Man stelle sich zB vor, dass im Versicherungsvertrag vorgesehen ist, dass der Versicherungsschutz entfällt, wenn die berufliche Sorgfalt in Form der Fortbildungsverpflichtung nicht eingehalten wird. Dies ist insbesondere deshalb von besonderem Interesse, weil bei Wegfall einer Berufshaftpflichtversicherung (oder einer sonstigen Haftungsabsicherung) die Behörde unverzüglich ein Gewerbeentziehungsverfahren einzuleiten hat und wenn eine neuerliche Berufshaftpflichtversicherung nicht unverzüglich nachgewiesen wird, die Gewerbeberechtigung längstens binnen zwei Monaten zu entziehen ist.
Die Zulässigkeit und die Auswirkungen einer solchen Klausel, welche die Leistungsfreiheit bei mangelnder Erfüllung der Fortbildungspflicht vorsieht, sind differenziert zu betrachten: Die Pflichten des Versicherers sind im Bereich der Haftpflichtversicherung weitgehend gesetzlich vorgegeben – so kann eine Leistungsfreiheit dem Versicherungsvermittler gegenüber zwar vereinbart werden. Während des Nichtbestehens der Versicherung darf das betreffende Gewerbe dann nicht ausgeübt werden. Dem Kunden gegenüber bleibt die Verpflichtung des Versicherers aber bestehen (§ 158c VersVG). Entsteht dem Kunden daher ein Schaden, der vom Versicherungsvermittler schuldhaft verursacht wurde, und ist der Vermittler wegen mangelnder Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung nicht mehr betriebshaftpflichtversichert, so muss der Versicherer dem Kunden trotzdem noch den Schaden ersetzen. Allerdings kann sich der Versicherer anschließend am Vermittler regressieren.
Klauseln, die die Leistungsfreiheit des Versicherers bei einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers vereinbaren, müssen § 6 VersVG entsprechen. Demnach tritt die Rechtsfolge der Leistungsfreiheit dann nicht ein, wenn die Verletzung als eine unverschuldete anzusehen ist. Handelt es sich um eine verschuldete Verletzung, so kann der Versicherer den Vertrag binnen eines Monats kündigen – tut er dies nicht, so kann er sich auf die vereinbarte Leistungsfreiheit nicht berufen. Außerdem führt eine Obliegenheitsverletzung nur dann zur Leistungsfreiheit, wenn die Obliegenheit dem Zweck der Verminderung der Gefahr dient und die Verletzung einen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls hat (= Kausalität). Ob Leistungsfreiheit wegen Nicht-Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung daher tatsächlich eintreten kann, muss im Einzelfall beurteilt werden.
Autoren: Mag. Martin Pichler ist Rechtsanwalt, Mag. Philip Windischer ist Rechtsanwaltsanwärter bei der Jarolim Partner Rechtsanwälte GmbH. Sie beraten laufend zu Themen der Versicherungsvermittlung und halten in diesem Zusammenhang regelmäßig entsprechende Weiterbildungsveranstaltungen ab.