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Genetische Schubladen

von Mag. Christian Sec

Die Informationspflicht und die detaillierten Fragebögen der Versicherer dienen vor allem dem Zweck, das übernommene Risiko zu beurteilen und eine präzise Prämienberechnung zu gewährleisten. Der Datenerhebung zur Beurteilung des Risikos sind jedoch Grenzen gesetzt, die Informationsasymmetrien verursachen, die von den Versicherungsnehmern zum Schaden des Versicherers ausgenutzt werden können.

Dies kann in weiterer Folge zu gefährlicher Adverse Selektion führen. Grundsätzlich herrscht auf den Versicherungsmärkten eine Informationsasymmetrie zwischen Versicherten und Versicherern.
Der Versicherer bedient sich dabei den verfügbaren Mittel, um diesen Informationsnachteil zu begrenzen. So ist der Versicherungswerber verpflichtet, auf alle gefahrenrelevanten Umstände (wie z.B. Krankheiten) laut VersVG hinzuweisen. Eine Begrenzung dieser Datenerhebung für die Versicherer bildet z.B. das Gentechnikgesetz.

Der §67 GTG verbietet es Versicherern Ergebnisse von genetischen Analysen von Versicherungswerbern zu erheben, zu verlangen, anzunehmen oder sonst zu verwerten. D.h. diese Daten dürfen unter keinen Umständen in die Prämienberechnung einfließen. Die Zielsetzung des Gesetzes ist es die genetische Privatsphäre und deren Unantastbarkeit zu gewährleisten.
Verboten ist nicht nur die Forderung nach Durchführung einer genetischen Analyse von Seiten des Versicherers, sondern auch die Annahme freiwillig vorgelegter Analyseergebnisse. Die kategorische Tabuisierung zur Ermittlung (Mit Ausnahme von Typ 1-Untersuchung) von genetischen Daten vor Vertragseintritt bricht mit dem Grundprinzip der privaten Versicherungswirtschaft, nachdem die Höhe der Prämie von der Höhe des Risikos abhängt.
Wenn der Kunde Ergebnisse aus Untersuchungen kennt und sie der Versicherungsgesellschaft nicht mitteilen muss, besteht ein Ungleichgewicht.

So kann der Wissensvorsprung des Kunden dazu führen, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit durch eine unheilbare Krankheit arbeitsunfähig wird und daher eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließt, ohne dass der Versicherer von diesem genetischen Defekt Kenntnis hat. Falls mir aufgrund einer genetischen Analyse Informationen über eine schwere Krankheit vorliegen, würde es nur ökonomisch rational sein, eine Krankenversicherung abzuschließen, ohne dass der Krankenversicherer von meinem bevorstehenden Daueraufenthalt im Krankenhaus wüsste.
Die Folge könnte eine ungewollte Ansammlung schlechter Risiken in den betroffenen Versicherungssparten sein (Adverse Selektion). In dieser Hinsicht legitimiert das Gesetz den Versicherungsbetrug.

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