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Holz ist der nachhaltige Brennstoff der Zukunft − oder doch nicht?

von Thomas Beckstedt

Aus dem Film Herr der Ringe (Zwei Türme): Die Orks schmieden auf Sarumans Befehl im großen Stil Waffen für den Krieg, aber Saruman ist mit der Produktivität nicht zufrieden. Also macht er Druck: „Baut einen Damm, staut den Fluss, heizt die Öfen Tag und Nacht.“ – Darauf der Ork, der offensichtlich der verantwortliche Manager der Rüstungsfabrik in Isengard ist: „Uns fehlt Brennstoff so viele Öfen zu heizen.“ Der umsichtige Zauberer Saruman kennt die Antwort: „Der Wald von Fangorn liegt vor unserer Tür. Brennt ihn nieder.“ – Der Ork-Rüstungsmanager ist begeistert.

 

„Also ich weiß nicht“, sagt mein Freud Kurt. „Irgendwie erinnert mich diese ganze ermüdende Diskussion über Energie an das Hochplateau der Corona-Krise, als ich irgendwann den Überblick verloren habe, welche Maßnahmen wo gerade gelten. Erst hört man all die Jahre, wie böse Atomstrom ist – und plötzlich verpasst die EU den Atomreaktoren ein grünes Label und attestiert ihnen Nachhaltigkeit.“ „Na ja“, erwidere ich ein wenig morbide, „eine gewisse Nachhaltigkeit ist schon gegeben: Die Lagerung von Atommüll ist nach wie vor ein ungelöstes Problem, und Tschernobyl und Fukushima waren auch nicht gerade ohne.“ − „Verdammt richtig“, Kurt schlägt auf den Tisch. „Tschernobyl war echt krass, aber jetzt haben sie es eingedämmt, mit dem Sarkophag, oder wie das Ding da heißt. Die Japaner hingegen kämpfen noch immer mit dem radioaktiv verseuchten Wasser, von dem sie nicht wissen, wohin damit.“ − „Ab ins Meer“, sage ich düster. − „Scheint auch der Plan zu sein“, antwortet Kurt. „Japan ist eine Fischerei-Nation. Mahlzeit, kann man da nur sagen! − Aber vielleicht vergeht ihnen dabei endlich die Jagdlust auf Wale und Delfine.“

„Gas ist übrigens in den Augen von Brüssel auch wieder grün“, bemerke ich nach einigem Schweigen. − „Unfassbar!“ Kurt greift sich an die Stirn. „In Österreich stehen Gasheizungen vor dem Aus, wegen dem vielen CO2. Die EU sieht es auf Anregung aus Deutschland anders: Gas ist nachhaltig – zumindest, wenn es nicht aus Russland kommt. Ha-ha-ha. Selbst das giftige Fracking scheint wieder salonfähig zu werden. Was soll man dazu sagen?“ − Darauf ich: „Gute Frage! Man muss nur an die merkwürdige Geschichte mit der angeblichen Nachhaltigkeit von Holz als Brennstoff denken …“ − „So ist es“, Kurts Gesichtszüge hellen sich auf. „Geraume Zeit schon machen sie bei uns kräftig Werbung für Holz als Brennstoff: Klimaneutral und zudem hundert Prozent nachhaltig, weil nachwachsend. Außerdem würde der Wald in Österreich Jahr für Jahr um so und so viele Hektar wachsen! Aber irgendwie habe ich diese Geschichte nie wirklich geglaubt.“ − „Auch ich hab meine Zweifel“, gebe ich zu. „Vor ein paar Monaten hab ich eine ziemlich düstere Doku über den besorgniserregenden Zustand des Waldes in Deutschland gesehen und Veröffentlichungen zum Thema gelesen. In Deutschland müssen sie weiß Gott wie viele tausend Hektar Wald aufforsten, um die Schäden durch Trockenheit, Brand und Schädlingsbefall der letzten Jahre auszugleichen. Von Wachstum keine Rede! Doch das Problem des deutschen Waldes scheint an der Grenze zu Österreich plötzlich halt zu machen: Bei uns ist alles gut! Als ich das letzte Mal im Waldviertel war, sah ich jedoch unzählige kaputte Bäume und Kahlschläge, ähnlich wie dort, wo ich wohne, und ich frage mich, wo dieses wunderbare Waldwachstum in Österreich stattfindet. Ich hab eher den Eindruck, dass es bei uns mehr Baustellen gibt als frisch aufgeforsteten Wald.“ − „Bingo!“, sagt Kurt. „Aber das haben sie vermutlich auch nur deswegen gemacht, damit sie das ganze Schadholz, das nicht viel wert ist, zu Pellets verarbeiten und profitabel loswerden können. Raus aus dem Öl und rein in die Pellets, Hurra! Es stellt sich die Frage: Wenn es in Österreich, wie sie sagen, Holz im Überfluss gibt, warum heizen sie nicht die Kraftwerke damit? Her mit der Axt! Baum fällt und ab in den Ofen. Wie in ‚Herr der Ringe‘, als Saruman den Fangornwald niederholzen lässt. Und jetzt kommt die EU und behauptet, Holz sei nicht nachhaltig − oder zumindest nur ‚eingeschränkt‘ nachhaltig! Die Ideen aus Brüssel überzeugen mich nur selten, wie du weißt, dieses Mal jedoch scheint ihnen ein ziemlich großes Licht aufgegangen sein, denn die CO2-Gleichung geht schlichtweg nicht auf. Außerdem wird immer nur von CO2 geredet. Ruß, Feinstaub und alles andere wird geflissentlich ignoriert.“ − „Stimmt. Aber was bleibt am Ende übrig, um eine Wohnung oder ein Haus zu heizen? Keine Kohle, kein Öl, kein Gas, kein Holz? Bleiben Stromkollektoren und Wärmepumpen! Aber da hängt man an einem Netz, das irgendwann kollabieren wird, wenn nicht schleunigst nachgerüstet wird. Außerdem ist man wieder abhängig von irgendwelchen Stromlieferanten …“ − Kurt nickt: „Das ist ein ziemliches Dilemma, aus dem wir nicht so schnell rauskommen werden. Aber mir ist das inzwischen alles Wurst. Ich setze künftig auf ausschließlich biologische Energie!“ – „Wie bitte?“ Ich werfe Kurt einen fragenden Blick zu. „Er lächelt und sagt: „Ich engagiere für diesen Winter einen feuerspeienden Drachen, der sich nur vegetarisch ernährt. Er wird meinen großen Boiler ordentlich aufheizen und ich genieße heißes Wasser bis zum Abwinken. Man muss nur kreativ sein – und Drachen sind voll in.“

 

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