Der internationale Konjunkturabschwung, der im 2. Halbjahr 2022 eingesetzt hatte und auch die österreichische Wirtschaft erfasst hat, dämpft auch noch im 1. Halbjahr 2023 das BIP-Wachstum. Um die Jahresmitte sollte die Wirtschaft sowohl im Euro-Raum als auch in Österreich wieder Fahrt aufnehmen. Für das Gesamtjahr erwartet das WIFO ein schwaches Wirtschaftswachstum von nur 0,3 Prozent. 2024 beschleunigt es sich auf 1,8 Prozent. Durch die deutliche Entspannung auf den Energiemärkten hat sich die Stimmung der Unternehmen und privaten Haushalte etwas aufgehellt. Die heimischen Tarife für Haushaltsenergie und damit die Inflation werden jedoch erst mit einiger Verzögerung nachgeben.
„Während die Entspannung auf den Energiemärkten die Konjunktur begünstigt, bleibt die Kerninflation hartnäckiger als erwartet. Dies veranlasst die Notenbanken zu einer deutlicheren Straffung der Geldpolitik, wodurch der bevorstehende Konjunkturaufschwung verhalten ausfällt“, so Marcus Scheiblecker, der Autor der aktuellen WIFO-Prognose. Untypisch für die derzeitige Konjunkturphase ist die Robustheit der Arbeitsmärkte in den USA und in Europa. In beiden Regionen hat trotz der schwächeren Wirtschaftsleistung die Beschäftigungsdynamik nur wenig nachgelassen, wodurch die Arbeitslosigkeit bislang auf niedrigem Niveau verblieben ist. Dies deutet ebenso wie das allmählich wiederkehrende Vertrauen der Unternehmen und privaten Haushalte auf eine Belebung der internationalen Konjunktur ab der Jahresmitte 2023 hin. In der Industrie haben sich die Auftragsbestände in einigen Ländern zuletzt wieder stabilisiert, sodass vor allem die Industrieproduktion wieder Fahrt aufnimmt. In diesem Umfeld wird es auch der heimischen Wirtschaft gelingen, ab dem 2. Halbjahr wieder Tritt zu fassen und die Produktion auszuweiten. Für das Gesamtjahr 2023 ist allerdings nur mit einem schwachen BIP-Zuwachs von real 0,3 Prozent zu rechnen. Erst 2024 beschleunigt sich das Wachstum auf 1,8 Prozent. Ausgehend von der Exportwirtschaft wird die Konjunkturbelebung in weiterer Folge in vielen Bereichen der heimischen Wirtschaft zu spüren sein. Die Bauwirtschaft kann hingegen nicht von dieser positiven Entwicklung profitieren. Dort lassen hohe Preissteigerungen und das schwierigere Finanzierungsumfeld die Nachfrage weiter schrumpfen, insbesondere im Wohnbau. Das WIFO erwartet daher für 2023 einen weiteren Rückgang der Bauinvestitionen (−0,8 %) real, der sich 2024 sogar noch etwas beschleunigt (–1,4 %). Der Tourismus, der besonders unter der COVID-19-Pandemie gelitten hatte, erholte sich 2022 deutlich. 2023 hält die Erholung zwar an, schwächt sich jedoch ab. Für 2024 rechnet das WIFO mit einer weiteren Belebung der Tourismusnachfrage. Während die Nachfrage aus dem Ausland 2024 kaum mehr zulegt, sollte die inländische Nachfrage aufgrund der nachlassenden Inflation wieder kräftiger expandieren. Trotz des deutlichen Rückgangs der Importpreise für Energieträger steigen die Verbraucherpreise 2023 abermals stark – getrieben durch die Kerninflation. Für das Gesamtjahr erwartet das WIFO einen Anstieg des VPI um 7,1 Prozent. Da die Preise für Konsumgüter üblicherweise verzögert reagieren, wird mit einer spürbaren Abschwächung des allgemeinen Preisauftriebs ab der zweiten Jahreshälfte 2023 gerechnet. 2024 beträgt die Verbraucherpreisinflation voraussichtlich 3,8 Prozent. Im Einklang mit der Konjunktur wird für 2023 ein Beschäftigungszuwachs von nur 0,8 Prozent erwartet (2024 +1,3%). Die Arbeitslosigkeit dürfte 2023 zunächst um 6.000 Personen steigen und erst 2024 weiter sinken (–10.000 Personen). Die anhaltend hohe Inflation führt 2023 neuerlich zu einem deutlichen Anstieg der Steuereinnahmen, insbesondere aus der Mehrwertsteuer. Die gesamten Staatseinnahmen wachsen in der Folge fast so kräftig wie das nominelle BIP, womit die Einnahmenquote nur leicht sinkt. Die Ausgaben steigen jedoch nicht in gleichem Ausmaß. In der Folge verringert sich das Budgetdefizit 2023 auf 1,8 Prozent des nominellen BIP (2022 –2,5 %). Für 2024 wird ein weiterer Rückgang auf 0,4 Prozent des BIP prognostiziert.