Der Vorstandsvorsitzende der Österreichischen Hagelversicherung, Dr. Kurt Weinberger, und der WIFO-Agrarexperte DI Dr. Franz Sinabell haben in einer Pressekonferenz den alarmierenden Zustand des Bodenverbrauchs in Österreich thematisiert. In den letzten Jahren hat die Verbauung von Ackerflächen und Wiesen zugenommen, wodurch die Lebensmittelproduktion und die Versorgungssicherheit des Landes gefährdet sind. Zwischen 1999 und 2020 wurden über 72.000 Hektar Ackerland verloren, was bedeutet, dass jährlich etwa 480.000 Menschen weniger ernährt werden können.
Täglich sind es mehr als 11 Hektar Äcker und Wiesen, die aus der Produktion genommen werden. Für neue Gewerbeparks, die sich am Ortsrand ausbreiten, für Supermärkte mit einem riesigen Parkplatz, für Straßen, die sich durch die Landschaft schlängeln etc. Die Folgen sind weithin sichtbar: Das Land ist völlig zersiedelt. Was das bedeutet? „Durch den Bodenverbrauch kommt es zu einem Verlust der Produktionsgrundlage und somit zu einer Gefährdung der heimischen Lebensmittelversorgung. Das ist auch eine Frage der nationalen Sicherheit! Daher muss es das oberste Ziel Österreichs sein, die Lebensgrundlage Boden zu erhalten, nicht durch Verbauung weiter zu zerstören und die Selbstversorgung Österreichs mit heimischen Lebensmitteln aufs Spiel zu setzen. Hier herrscht jedenfalls Handlungsbedarf“, so der eingehende Appell des Vorstandsvorsitzenden der Österreichischen Hagelversicherung, Dr. Kurt Weinberger, und des Autors der im Rahmen des Pressegespräches präsentierten WIFO-Studie „Bodenverbrauch nimmt uns Essen vom Teller“, DI Dr. Franz Sinabell. Der anerkannte WIFO-Agrarexperte berechnete, wie viele Menschen durch den Verlust der Ackerfläche seit der Agrarstrukturerhebung 1999 ernährt hätten werden können.
Österreich zählt zu jenen Ländern, in denen der Flächenverbrauch, also die Verbauung von Flächen, im internationalen Vergleich sehr hoch ist. In den beiden zurückliegenden Jahrzehnten wurden annähernd 130.000 Hektar Ackerfläche verbaut. Gleichzeitig gibt es seit Jahren Initiativen und Bemühungen, die Verbauung einzuschränken, so etwa im Programm der Bundesregierung mit dem Ziel, den täglichen Verbrauch bis 2030 auf 2,5 Hektar einzuschränken. Daten zum aktuellen Flächenverbrauch deuten darauf hin, dass dieses Ziel verfehlt werden wird. Die Vorteile der Verbauung sind jenen unmittelbar einsichtig, die sie vorantreiben: Sei es die Bereitstellung von Flächen zur Deckung von Wohnbedürfnissen, von Betriebsstätten oder zur Errichtung von Sportanlagen zur Erholung und von Straßen, die für die Zugänglichkeit dieser Anlagen nötig sind. Die Nachteile der Verbauung liegen nicht so evident auf der Hand. Zu ihnen zählen neben dem Verlust von naturnahen Flächen und den damit verbundenen Ökosystemleistungen die Einschränkung des Produktionspotentials und der Versorgungssicherheit. In der WIFO-Studie wird die Dringlichkeit der Begrenzung des Flächenverbrauchs dargestellt, um den Verlust der Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln einzudämmen. „Die geplante Bodenschutzstrategie bietet nach den Prinzipien ‚Vermeiden, Wiederverwerten, Minimieren‘ zwar ein Maßnahmenbündel zur Zielerreichung von 2,5 Hektar pro Tag an. Sie braucht aber verbindliche, quantitative Zielwerte. Wenn wir das Land mit dem Tempo wie in den letzten Jahren und Jahrzehnten weiter zubetonieren, dann gibt es in 200 Jahren keine Landwirtschaft mehr in Österreich“, so Weinberger.