Derzeit tritt in den Werbepausen der YouTube-Videos verstärkt ein neuer Coach auf, der finanzielle Freiheit durch geheimes Shortseller-Wissen verspricht. In seinen Videos findet man kaum fachliche Aussagen zu Leerverkäufen von Aktien oder Baisse-Spekulationen via CFD oder Hebelzertifikate, sondern primär nur dramatische persönliche Erlebnisse und philosophische Monologe zum Thema Freiheit. Damit sich unwissende Anleger nicht falsche Hoffnungen machen, erlaube ich mir folgende Hintergründe zu diesem Thema aufzuzeigen:
Gefährliche Spekulationen
Leerverkäufe und Baissespekulation mit CFDs (Contracts for Difference) und Hebelzertifikaten sind spekulative Finanzstrategien, die darauf abzielen, von fallenden Aktienkursen zu profitieren. Diese Methoden bieten sowohl Chancen als auch erhebliche Risiken, die gründlich verstanden werden müssen. Bei Leerverkäufen werden Aktien, die der Verkäufer nicht besitzt verkauft und zu diesem Zweck ausgeliehen. Dafür fällt eine kleine Leihgebühr an. Hingegen bei Leerverkäufen von Aktien-CFDs wird eine Sicherheitsleistung im Bruchteil des verkauften Volumens hinterlegt. Diese kann bei Anstiegen der Aktie schnell aufgebraucht sein. Bei Hebelzertifikaten hingegen ist das Risiko auf den Einsatz beschränkt, während bei Leerverkauften Aktien die Verlustrisiken unbegrenzt sind, denn nach oben sind den Aktienkursen theoretisch keine Grenzen gesetzt. Vor allem die Short Squeezes sind bei Shortsellern gefürchtet.
Ein Short Squeeze tritt auf, wenn eine stark leerverkaufte Aktie plötzlich im Preis steigt, was Leerverkäufer zwingt, ihre Positionen zu hohen Preisen zu schließen, was zu erheblichen Verlusten führen kann. Bei CFDs und Hebelzertifikaten hingegen liegen große Chancen, aber auch Risiken in der Hebelwirkung. Zusätzliche Kosten, die beachtet werden müssen, sind Finanzierungskosten und diverse Gebühren.
Erfolgsquoten von Tradern durchwachsen
Die Erfolgsquote bei Leerverkäufen und Baissespekulationen ist schwer allgemein zu quantifizieren, da sie stark von der Fähigkeit des Traders, Markttrends zu analysieren und Risiken zu managen, abhängt. Diverse Studien belegen, dass 85 bis 90 % der Daytrader auf Dauer Geld verlieren. Ähnlich sieht es grundsätzlich auch bei den Shortsellern aus, denn der Aktienmarkt – repräsentiert durch den S&P 500 – war in den vergangenen 94 Jahren 78 % der Zeit in einem Bullenmarkt. Dabei fielen ca. 42 % der stärksten Tage im S&P 500 in den vergangenen 20 Jahren auf einen Bärenmarkt. Also nach stärkeren Rückschlägen folgen häufig kräftige Rebounds, oft verstärkt durch „Noteindeckungen“ von Shortsellern, die Zwangsliquidationen ihrer Portfolios vermeiden möchten.
Fazit: Shortselling ist eine äußerst riskante Strategie, die sehr viel Erfahrung erfordert. Selbst Long & Short-Equity Fonds, die eine marktneutrale Strategie erfolgen und im gleichen Volumen Long und Short sind, fallen durch magere Performance auf. Werte wie 6 % p.a. über 10 Jahre sind dort bereits eine Sensation.