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Über künstliche und natürliche Intelligenz, Immanuel Kant, Bert Brecht, Gordon Gekko, Voltaire und Noam Chomsky

von Thomas Beckstedt

Der Begriff „KI“ geistert immer öfter durch den Medienraum. Kurt und ich haben diesen Trend einige Zeit ignoriert − wieder so eine neue Modeerscheinung, dachten wir uns −, aber allmählich beginnen wir, besagte Entwicklung ernst zu nehmen und mit kritischen Augen zu beargwöhnen.

„Künstliche Intelligenz“, ächzt Kurt, „wenn ich das schon höre! Alle reden jetzt von künstlicher Intelligenz und der damit verbundenen Revolution in allen möglichen Lebensbereichen. Aber niemand spricht mehr von natürlicher Intelligenz und gesundem Hausverstand: 2 plus 2 ergibt 4 und ein Kreis wird nie zu einem Quadrat. Daran werden selbst die komplexesten Algorithmen auf den schnellsten Supercomputern nichts ändern.“

„Und wenn man laufend mehr ausgibt, als man einnimmt“, füge ich hinzu, „geht man irgendwann einmal so richtig pleite.“

Darauf Kurt: „Ich nehme an, du spielst auf die enormen Schulden er der USA an: 35 Billionen Dollar, wenn ich mich recht erinnere …“

„Ganz recht“, sagte ich, und nach einem kurzen Blick in mein Smart-Phone auf eine einschlägige Webseite erkläre ich: „Heute ist der 10. September 2024, und aktuell belaufen sich die US-Staatsschulden auf 35,353 Billionen Dollar. Das sind in Worten mehr als fünfunddreißigtausend Milliarden! Unlängst las ich, dass die USA inzwischen mehr für Kreditzinsen ausgeben als für ihr enormes Verteidigungsbudget, das mittlerweile größer ist, als das von China, Russland, Indien und fast ganz Europa in Summe!“

„Tolle Sache“, knurrt Kurt, „und eine grässlich tickende Bombe. Ich kenne etliche durchaus kluge Leute, die in dieser astronomischen Staatsverschuldung kein Problem sehen, aber mir macht sie schon ein wenig Kopfzerbrechen. Denn sollte dieses gigantische Schuldenblase je platzen, gibt es ein Beben, das den ganzen Planeten erschüttert.“

„Nun ja“, sage ich, „die Amerikaner wählen ja demnächst einen neuen Präsidenten. Vielleicht sollten sie eine Mensch-Maschine mit KI als Kandidaten ins Rennen schicken, die ein wenig umsichtiger agiert …“

Wir lachen kurz. Ha-ha-ha! Schwarzer Humor, denn im Grunde ist die Sache überhaupt nicht lustig.

Kurt: „Inzwischen gibt es ja viele namhafte Experten, die größte Hoffnung in KI setzen, um die Effizienz der Wirtschaft zu steigern und Kosten zu senken. Aber etwas fundamental Wesentliches wie Moralität ist wieder einmal überhaupt kein Thema. Dabei denke ich an den berühmten kategorischen Imperativ von Immanuel Kant: Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde!“

Ich schmunzle. „Kant ist, wie mir scheint, inzwischen nur noch etwas für den akademischen Elfenbeinturm, denn seit Bert Brecht wissen wir, dass die Moral nach dem Fressen kommt.“

„Und vor allem nach der Gewinnmaximierung! Wie sagte doch der Finanzhai Gordon Gekko, gespielt von Michael Douglas, im Börsen-Thriller ‚Wallstreet‘ so treffend: Gier ist gut.“  Kurt bläst die Luft aus. „Und außerdem fürchte ich, dass man die vielfältigen Möglichkeiten von KI auch massiv dazu einsetzen wird, um unbequeme Meinungen zu unterdrücken und uns noch mehr zu manipulieren, bis wir irgendwann keine eigene Meinung mehr haben. Dabei ist doch die Meinungsfreiheit von freien und selbständig denkenden Menschen einer der Grundpfeiler von Demokratie überhaupt. Ich bringe jetzt ein Zitat, das Voltaire zugeschrieben wird: Ich bin zwar anderer Meinung als Sie, aber ich würde mein Leben dafür geben, dass Sie Ihre Meinung frei aussprechen dürfen.“

„Davon haben wir uns leider längst verabschiedet“, erwidere ich prompt. „Inzwischen erleben wir doch laufend, wie unbequeme Geister an den Rand gedrängt und mundtot gemacht werden …“ Und dann fällt mir ein Satz ein, den ich kürzlich aufgeschnappt habe, der von Noam Chomsky stammt, einem sehr bekannten US-amerikanischen Linguisten. Laut zitiere ich ihn: „Wir glauben nicht an die Meinungsfreiheit, wenn wir sie nicht auch den Leuten zugestehen, die wir verachten.“

Kurt applaudiert. „Sehr treffend, das ist des Pudels Kern!“

Wir reden noch eine Weile über unsere Wahrnehmung bezüglich aktueller Maßnahmen zur Einschränkung der Meinungsfreiheit, bis Kurt das Thema mit einem Seufzer beendet. „Wir werden ja sehen, wo wir landen. Und vielleicht, wenn die Regierungen dieser Welt lange genug ihre mächtigen und tödlichen Waffen mit KI noch mächtiger und tödlicher gemacht haben, verselbstständigt sich der ganze Krempel und wir enden dort, wo der Film Terminator mit Arnold Schwarzenegger beginnt: Die Maschinen übernehmen die Kontrolle über den Planeten und die überlebenden Menschen hausen im Untergrund.“

„Nicht wünschenswert, aber auch nicht auszuschließen“, merke ich an. „Blöd ist an der Sache nur eins: Im Film schicken die Menschen aus der düsteren Zukunft einen Retter zurück, um die Vergangenheit zu ändern und alles zum Guten zu wenden – was gemäß Drehbuch ja auch gelingt. Aber ich sehe aktuell niemanden, der eine Zeitmaschine entwickelt. Also: Wenn die Sache schiefgeht, werden wir täglich uns die Worte erinnern, die angeblich über dem Eingang zur Hölle stehen: Lass jede Hoffnung fahren!“

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