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Einer ist dafür

von Mario Passini

In ganz Europa kämpft die Branche mit guten, qualifizierten Argumenten dafür, dass von der EU geplante Provisionsverbot – begründet mit einem teilweise unrichtigen Gutachten – abzuwenden. Geht es doch auch um zigtausende Arbeitsplätze. Besonders aus Deutschland kommt vehementer Widerstand. Und gerade aus diesem Land wagt es einer, offen gegen den Strom zu schwimmen. risControl meint, dass unsere Leserschaft auch über diese Meinung informiert werden sollte.

Der Berliner Honorarberater Klaus P. von der P.A.-Honorarberatungsfirma meint, dass gerade bei der Vermittlung von Versicherungen eine provisionsbasierte Beratung eine Gefahr darstelle. Diese Meinung teilt auch die EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness und will deshalb ihre Kleinanlegerstrategie durchbringen, mit welcher Provisionen für Anlageberatung verboten werden sollen. Das könnte, allein in Deutschland, den deutschen Anbietern bis zu 14 Milliarden Euro an Einnahmen kosten, wird gemeldet. Das Vorhaben der EU sei gut, meint Honorarberater P., denn gerade das führe dazu, die honorarbasierte Beratung zu stärken. Und weiters meint er, es gebe gute Gründe, warum genau das der richtige Weg sei. Dass der honorige Honorarberater das Vorgehen der EU-Kommission freudig begrüßt, ist verständlich. Fegt ihm doch dieses EU-Vorhaben die Konkurrenz vom Markt. Übrigens: Niemand arbeitet umsonst.

Viele, nein, fast alle in der Branche glaubten, das Thema sei vom Tisch. Doch Mairead McGuinness wärmte dieses Thema wieder auf und verstärkt jetzt sogar ihre Bemühungen, ein EU-weit geltendes Provisionsverbot bei der Vermittlung von Versicherungen und Finanzanlagen einzuführen. Stichwort: Retail-Investment-Strategie. Damit soll – ähnlich wie in Großbritannien und den Niederlanden – eine Abschaffung von Provisionen für bestimmte Finanzprodukte durchgesetzt werden.

Der böse Vorwurf aus Brüssel dazu: Provisionen würden Fehlanreize setzen, weil sie den Berater für den Verkauf möglichst teurer Finanzprodukte belohnten. Und Honorarberater Klaus P. spricht es aus: Der Berater – mit Provisionsentlohnung – entscheide nicht unabhängig und frei, sondern habe immer im Hinterkopf, wie viel er an einer Vermittlung verdiene. Dagegen würden Honorare eine wirklich unabhängige Beratung im Sinne des Kunden sicherstellen. Na ja, Klaus P. muss es wissen. Er ist einer dieser Berater.

Lassen wir doch die Kirche im Dorf. Erfolgreiche Beratung ist letztlich auch erfolgreicher Verkauf. Der Berater „verkauft“ seine Expertise. Wobei das Spektrum dieses fachlichen Know-hows riesig ist. Es reicht von der international anerkannten Koryphäe bis hin zum – bleiben wir humorvoll – sogenannten Heißluft-Exhaustor. Erstere ist wohl die Wahl betuchter Kundschaft – der sprichwörtlichen oberen Zehntausend. Der „Exhaustor“ hingegen wird eher Beratungsstandard für Normalbürger mit schmaler Brieftasche sein. Computerunterstützt sind beide. Vom Supercomputer bis zum Laptop. Aber wirklich alles über den gesamten, weltweiten Finanzmarkt weiß ohnedies nur jener Computer, der alle Daten der Finanzwelt gespeichert hat. Und selbst der hat die Pleite der SVB (Silicon Valley Bank) nicht vorausgesehen. Ein Trost: Jetzt kommt die KI, da atmen einige auf.

Auch der Berliner Honorarberater Klaus P. wird wohl dafür sorgen, dass sein Rat in die Tat umgesetzt wird. Oder lässt er seine Kunden mit seinem guten Rat allein? Stichwort: Eigenverantwortung. Eher ist anzunehmen, dass ein Berater – ob für Provision oder Honorar – seinem Kunden hilft, eine Entscheidung zu treffen, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Na ja, ist eigentlich der tägliche Job eines Verkäufers. Und auch das Unternehmen des Klaus P. wird möglicherweise am Jahresende prüfen, ob wiederkehrende Einnahmen, betreutes Anlagevermögen, Versicherungsbestand, Jahresprovisionserlös und die Anzahl der A-Kunden stimmen.

Und wo steht bitte, dass honorige Honorarberater nicht auch ein wohlwollendes Dankgebet von Produktgebern erreicht? Muss ja nicht Geld sein. Dass so ein segenschweres Dankgebet sogar Spitzenfunktionäre der EU-Kommission erreicht hat, ist inzwischen hinlänglich bekannt. Die denken jetzt, sitzend, über diesen milden Segen nach. Ist Honorarberatung zwingend notwendig? Dem sogenannten „normalen“ Bürger stehen heute viele Informations- und Vergleichsmöglichkeiten offen.

Vermittler- und Bankenverbände in Deutschland, Österreich, Frankreich oder Italien laufen gegen den EU-Plan Sturm. Außerdem zeigt die Erfahrung, dass Kunden kaum bereit sind, vorab für eine Beratung ein hohes Honorar zu bezahlen. Der Verbraucherschutz bleibe so auf der Strecke, sagt man. Das sei so nicht richtig, meint Klaus P., außerdem stelle eine Provision die Unabhängigkeit einer Anlageberatung in Frage. Es entstünden Interessenskonflikte, wenn Berater Provisionen bekommen. Die seien außerdem von Produkt zu Produkt unterschiedlich, wodurch der Berater in Konflikt geraten könne, dem Kunden entweder ein passendes Produkt zu empfehlen oder ein Produkt anzubieten, an dem er als Berater durch eine höhere Provision mehr verdienen würde. Diese sogenannten „guten“ Argumente sind, offen gesagt, alles „alte Kalauer“. (Die Redaktion)Angesichts dieser finanziellen Anreize sei es fraglich, ob eine Finanzberatung tatsächlich fair und produktneutral und damit zum Wohle des Kunden erfolgen könne, gibt Klaus. P. zu bedenken. Oberstes Prinzip einer jeden Finanzberatung müsse es sein, dem Kunden genau die Finanzprodukte zu empfehlen, die seinen persönlichen Anlagezielen und Bedürfnissen entsprechen. Außerdem verursachten die Provisionen zusammen mit Verwaltung und Vertrieb enorme Kosten, die zulasten der Rendite gehen. Gerade auch bei der Vermittlung von Versicherungen stelle nach Ansicht des Experten eine provisionsbasierte Beratung eine Gefahr dar. Der Grund sei die sogenannte Provisionshaftung, meint P. zu diesem Dilemma. Jeder Händler lobt seine Ware. Und so sieht Klaus P. mit dem Provisionsverbot den Entfall des Interessenskonfliktes und er meint, nur dann könne der Berater ausschließlich im Sinne des Kunden handeln.

Wir haben überlegt, ob wir diese Meinung veröffentlichen sollen. Sie ist weder neu noch ausreichend zutreffend. Klingt eher wie ein Werbeauftritt. Wir denken, auch ein kontroversieller Standpunkt sollte veröffentlicht werden. Wir fragen Sie, liebe Leserinnen und Leser: Was halten Sie von der Meinung dieses Honorarberaters? Hat er recht? Vielleicht nur ein bisschen? Oder doch eher gar nicht? Jedenfalls sind solche „Kontra-Argumente“ nicht neu. Wenig schmeichelhaft für die EU-Kommission, dass sie mit gleichklingender Begründung agiert. Es klingt alles sehr nach Voreingenommenheit und Parteihaftigkeit.

 

Quelle: Insurance-today, Google, Cash, Harmony, wikipedia-org, uk-honorarberatung. u. v. a

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