Nach zweieinhalb Jahren Diskussion und Verhandlung wurden Mitte Februar 2024 die finalen Inhalte der neuen EU-Geldwäsche-Bestimmungen veröffentlicht. Zur kommenden 6. Geldwäsche-Richtlinie gesellt sich eine Geldwäsche-Verordnung. Vieles war bereits aus den Entwürfen bekannt, doch es gibt auch haarsträubende Überraschungen.
Verordnung statt Richtlinie
Die für den Alltag relevanten Pflichten wandern von einer Richtlinie in eine Verordnung. Damit sollen die Vorschriften EU-weit harmonisiert und potenzielle Schlupflöcher für Kriminelle geschlossen werden. Die EU entledigt sich damit auch des Problems, dass Mitgliedstaaten die Richtlinientexte mangelhaft in nationales Recht umsetzen. Denn eine Verordnung gilt ab Tag X gleichlautend in allen EU-Ländern. Die parallele Richtlinie beschäftigt sich mit der Einrichtung der EU-Geldwäsche-Behörde AMLA (Anti-money Laundering Authority) und dem geplanten Transparenzregister für wirtschaftliche Eigentümer und Vermögenswerte.
10.000 Euro Bargeldobergrenze
Wie erwartet sollen Barzahlungen ab 10.000 Euro im Geschäftsverkehr verboten werden. Österreich war und ist kein Fan dieser Obergrenze, kommen wird sie trotzdem. Die einzelnen EU-Mitglieder können national sogar einen niedrigeren Schwellenwert festsetzen. In Italien gilt beispielsweise schon heute ein Barzahlungsverbot ab 5.000 Euro (bis Ende 2022 sogar ab 2.000 Euro), in Griechenland sogar ab 500 Euro.
Von privat zu privat kann weiterhin jeder Betrag bar bezahlt werden. In Bankfilialen bleiben Ein- und Auszahlungen von 10.000 Euro oder mehr in bar möglich. Allerdings müssen Banken in solchen Fällen – unabhängig von jeglichem Verdacht – eine Meldung an die Geldwäschemeldestelle abgeben. Was diese mit der Flut an eingehenden Meldungen machen soll, weiß niemand.
Legitimierung ab 3.000 Euro in bar
Verpflichtete sollen Kunden bei Barzahlungen ab 3.000 Euro identifizieren. Anonyme Barzahlungen, wie zum Beispiel beim Kauf von physischem Gold, wären folglich nur mehr bis 2.999,99 Euro möglich. Betroffen sind auch Händler, die mit definierten „hochwertigen Gütern“ (wie Schmuck und Uhren mit Wert über 10.000 Euro, KFZ mit Wert über 250.000 Euro) handeln. Juweliere befürchten, dass sie ihre Kunden ab 3.000 Barzahlung legitimieren müssen. Diese Angst brauchen Elektro- und Baufachhändler nicht haben, denn sie handeln nicht „hochwertigen Gütern“ und fallen aus den Bestimmungen heraus.
Bewertung der Integrität
Jeder Mitarbeiter, der unmittelbar am Erfüllen von Sorgfaltspflichten beteiligt ist, muss sich bei Einstellung sowie regelmäßig einer angemessenen Bewertung unterziehen, deren Inhalte vom Compliance-Beauftragten genehmigt werden. Hinsichtlich der internen Strategien, Verfahren und Kontrollen ist eine „unabhängige Prüffunktion“ einzurichten. Ausnahmen für kleine Unternehmen sind hier nicht vorgesehen.
Kommt das Stammkunden-Verbot?
Mitarbeiter, die mit dem Erfüllen von Sorgfaltspflichten betraut sind, sollen den Compliance-Beauftragten über alle engen privaten oder beruflichen Beziehungen unterrichten, die sie zu (potentiellen) Kunden unterhalten. Sie dürfen dann in Bezug auf diese Kunden keine Sorgfaltspflichten wahrnehmen. Impliziert das ein Verbot von Stammkunden? Müssen Familie und Freunde sowie Ehepartner, Eltern und Kinder zukünftig beim Mitbewerber kaufen? Dieser Passus birgt enorme Sprengkraft.
Handel fein raus, Fußball drinnen
Nachdem Barzahlungen ab 10.000 Euro verboten werden, zählen die meisten Handelsgewerbetreibenden nicht mehr zum Kreis der Verpflichteten. Dafür werden Fußballvermittler, Profifußballvereine und Kreditvermittler in diese Gruppe aufgenommen. Die Mitgliedstaaten können fallweise Ausnahmen bestimmen. Womit es trotz Verordnung länderspezifische Unterschiede geben wird.
Händler mit hochwertigen Gütern und Kunsthändler haben zusätzlich zu ihrem direkten Kunden auch die Lieferanten der Waren als Kunden zu betrachten – und die Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Im Rahmen der Sorgfaltspflichten soll generell überprüft werden, ob Kunden oder wirtschaftliche Eigentümer gezielten finanziellen Sanktionen unterliegen. Eine reine PEP-Prüfung soll zukünftig nicht mehr ausreichen.
Frühestens Mitte 2027
Nachdem es sich um auf EU-Ebene abgestimmte Texte handelt, ist – insbesondere hinsichtlich der haarsträubenden Details – zu befürchten, dass es zu keinen gravierenden Änderungen mehr kommt. Ob Richtlinie und Verordnung noch vor den Europawahlen im Juni 2024 fertig werden, ist offen. Nach Inkrafttreten haben sie Mitgliedstaaten und Verpflichteten 36 Monate Zeit, die Bestimmungen umzusetzen. Bis mindestens Mitte 2027 bleibt also voraussichtlich noch alles beim Alten.