Die EZB-Pressekonferenz zur Leitzinsentscheidung am 6. März stand ganz im Bann der Zollkonflikte USA-China und USA-EU. Die Auswirkungen bisheriger Maßnahmen sind laut Volkswirte der EZB noch begrenzt aber die handelspolitische Unsicherheit hat seit den US-Präsidentschaftswahlen stark zugenommen. Die Ökonomen der EZB rechnen mit einem geringfügigen Rückgang der Investitionen und Exporte im Euroraum mit folgender Wirkung: Die in den letzten Monaten gestiegene handelspolitische Unsicherheit dürfte das globale Wachstum (ohne den Euroraum) über die Jahre 2025-26 durch geringere Investitionen und Exporte kumuliert um etwa 0,1 Prozentpunkte verringern. Da die Wirtschaft des Euroraums einen höheren Öffnungsgrad aufweist und die Zusammensetzung ihrer Exporte auf langlebige Güter ausgerichtet ist, dürften die Auswirkungen etwas ausgeprägter sein und das reale BIP-Wachstum im Zeitraum 2025-26 kumuliert um etwa 0,2 Prozentpunkte verringern. Dies erklärt etwa die Hälfte der kumulativen Abwärtskorrekturen des Wachstums im Eurogebiet in den von Experten erstellten Projektionen vom März 2025“. Die Experten der EZB rechnen trotz der Wirkung sinkender Zinsen und steigender Realeinkommen für 2025 und 2026 mit nur noch jeweils 0,9 Prozent bzw. 1,2 Prozent BIP-Wachstum – jeweils 0,2 Prozentpunkte weniger als noch im Dezember 2024 prognostiziert.
Disinflation
Im Vergleich zu den Projektionen vom Dezember 2024 wurden die Aussichten für die HVPI-Gesamtinflation für das Jahr 2025 um 0,2 Prozentpunkte nach oben korrigiert, was auf höhere Annahmen für die Energierohstoffpreise und die Abwertung des Euro zurückzuführen ist, während sie für das Jahr 2027 geringfügig nach unten korrigiert wurden, da die Aussichten für die Energiekomponente am Ende des Zeithorizonts etwas schwächer sind. Letzteres erscheint schon alleine infolge der „Erdöl/Erdgas-Bohroffensive“ in den USA plausibel. Insgesamt wird die HVPI-Inflation den Projektionen zufolge von 2,2 Prozent im Jahr 2025 auf 1,9 Prozent im Jahr 2027 zurückgehen. Laut EZB-Präsidentin, Christine Lagarde, schreitet der Disinflationsprozess gut voran und die meisten Messgrößen der zugrunde liegenden Inflation deuten darauf hin, dass sich die Inflation nachhaltig im Bereich des mittelfristigen Zielwerts von 2 Prozent einpendeln wird. Die aktuelle Beurteilung der Inflationsaussichten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission ermöglichte am 6. März eine Senkung aller drei Leitzinssätze um jeweils 0,25 Prozentpunkte. Der wichtigste Leitzins, der Zinssatz für die Einlagefazilität sinkt dabei mit Wirkung vom 12. März auf 2,50 Prozent (Hauptrefinanzierungssatz 2,65 %). Der 3-Monats-Euribor hat diesen Zinsschritt bereits eingepreist. Vor allem lässt das Lohnwachstum infolge der Rezession der Industrie der Eurozone nach.
Änderung des Wordings – Unsicherheit als Thema
Noch am 30. Januar verlautbarte der EZB-Rat: „Der EZB-Rat ist entschlossen, für eine nachhaltige Stabilisierung der Inflation beim mittelfristigen Zielwert von 2 Prozent zu sorgen. Die Festlegung des angemessenen geldpolitischen Kurses wird von der Datenlage abhängen und von Sitzung zu Sitzung erfolgen.“ Am 6. März folgte dann folgende Änderung: „Der EZB-Rat ist entschlossen, für eine nachhaltige Stabilisierung der Inflation beim mittelfristigen Zielwert von 2 Prozent zu sorgen. Insbesondere in der gegenwärtigen Situation, die von wachsender Unsicherheit geprägt ist, wird die Festlegung des angemessenen geldpolitischen Kurses von der Datenlage abhängen und von Sitzung zu Sitzung erfolgen.“ Auf der anderen Seite wird klarer, dass es bereits weitreichende Zinssenkungen gegeben hat und weitere Spielräume begrenzt sind. Lagarde verwies nämlich auf die Tatsache, dass die Geldpolitik in bedeutendem Maß weniger restriktiv wird. Zwei weitere Leitzinssenkungen bis Jahresende sind gemäß aktueller Expertenmeinungen durchaus noch möglich.