Das jährliche Notenbankertreffen in Jackson Hole war auch 2025 wieder der Ort, an dem geldpolitische Akzente gesetzt wurden. Vor allem zwei Stimmen stachen heraus: Japans Notenbankchef Kazuo Ueda und Fed-Chair Jerome Powell. Beide zeichneten unterschiedliche, aber eng miteinander verknüpfte Szenarien für die kommenden Monate.
Ueda betonte, dass die Phase deflationärer Erwartungen in Japan endgültig vorbei sei. Nach Jahrzehnten der Preisstagnation haben drei Jahre in Folge kräftige Lohnsteigerungen stattgefunden. Mit einer Erhöhung um 5,25 % erreichten die Tarifabschlüsse 2025 ein 34-Jahres-Hoch. Zwar ist die Teuerung von Juni auf Julie von 3,3 auf 3,1 % zurückgegangen, aber sie liegt noch weit über dem Inflationsziel von 2 %. Folgerichtig gilt die Zinswende als irreversibel. Die Renditen japanischer Staatsanleihen spiegeln das wider: zehnjährige JGBs wiesen Ende August 1,63 % auf – der höchste Stand seit 2008, während die Renditen 30-jähriger Papiere auf 3,21 % kletterten. Der klassische Carry-Trade mit billigen Yen wird unattraktiver, Kapitalströme kehren zurück und eine Yen-Aufwertung verstärkt die globale Nervosität an den Bondmärkten.
Powell dagegen signalisierte erstmals klarer, dass in den USA der nächste Schritt nicht mehr eine weitere Straffung, sondern eher eine Senkung sein könnte. Zwar verwies er auf Inflationsrisiken durch die von Präsident Trump verhängten Zölle, gleichzeitig sprach er von einem „ungewöhnlichen Gleichgewicht“ am Arbeitsmarkt, in dem sowohl Angebot als auch Nachfrage nach Arbeitskräften nachlassen. Die Fed Funds Rate liegt seit Dezember 2024 bei 4,25 bis 4,50 %, die Inflation zuletzt bei 2,7 % – stabil, aber nicht mehr beschleunigt. Damit wächst der Spielraum für eine geldpolitische Lockerung. Dass Powell in Jackson Hole die Tür für Zinssenkungen öffnete, hat auch politische Dimension: Sein Mandat läuft am 15. Mai 2026 aus, und die Märkte werten die Rede als Signal für eine Übergangsphase, in der geldpolitische Flexibilität Vorrang vor restriktiver Rhetorik hat. Moody’s jüngstes Downgrade der USA unter Verweis auf steigende Zinslasten verstärkt zusätzlich die Debatte um sinkende Finanzierungskosten.
Personalrochaden im EZB-Rat
Während Japan den Zins langsam nach oben normalisiert und die USA perspektivisch eher nach unten blicken, richtet sich in Europa der Blick auf personelle Rochaden im EZB-Rat. 2025 scheiden gleich sieben Mitglieder aus, darunter auch Hardliner. Österreichs langjähriger OeNB-Gouverneur Robert Holzmann, oft als „Falke unter den Falken“ bezeichnet, hat sein Mandat beendet. Ebenfalls ausgeschieden ist Klaas Knot aus den Niederlanden. Beide standen für eine straffe Linie. Nachfolger wie Olaf Sleijpen gelten als moderater. Dazu kommen Wechsel in Portugal, Slowenien, der Slowakei und Malta. Die Folge: das Lager der „Tauben“ gewinnt spürbar an Gewicht.
Österreich wird ab sofort durch Martin Kocher vertreten. Der frühere Arbeitsminister sieht sich selbst weder als Falke noch als Taube, sondern betont, er wolle faktenorientiert entscheiden. Dennoch markiert sein Amtsantritt einen Bruch mit der Ära Holzmanns. Kocher nimmt bereits an der Zinssitzung am 11. September teil. Der Bias im Rat könnte sich in Richtung vorsichtiger Zinssenkungen verschieben, zumal die Inflationsrate im Euroraum bereits zwei Monate auf 2 % verharrt.
Damit ergibt sich ein vielschichtiges Bild: Japan hebt weiter an, die USA bereiten eine mögliche Senkung vor, und die EZB dürfte strukturell etwas weicher werden. Für die Märkte bedeutet dies steilere Zinskurven und höhere Volatilität, vor allem dann, wenn Carry-Trades aufgelöst oder Erwartungen an künftige Zinsentscheidungen kurzfristig umschlagen, zumal sowohl in den USA als auch Europa die Leitzinssenkungspotenziale sehr begrenzt sind.