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Zeit für Sich(-tbarkeit)

Kolumne Von Frau zu Frau

Mag.a Victoria Michler leitet den Fachbereich Versicherungsrecht am Department für Rechtswissenschaften und Internationale Beziehungen der Universität für Weiterbildung Krems. Als Expertin für rechtliche Rahmenbedingungen in einer stark regulierten Branche beschäftigt sie sich nicht nur mit der Theorie, sondern auch mit den praktischen Hebeln für mehr Chancengleichheit in der Versicherungs- und Finanzwirtschaft. Im Gespräch für unsere Reihe „Von Frau zu Frau“ spricht sie darüber, warum Weiterbildung für Unternehmen wie für Einzelne ein entscheidender Schlüssel zu mehr Sichtbarkeit und Führungsverantwortung ist – und wie bewusst investierte Zeit Barrieren abbauen und Karrieren voranbringen kann.

Welche Schritte sind notwendig, um mehr Frauen in Führungspositionen der Versicherungs- und Finanzbranche zu sehen – sowohl seitens der Unternehmen als auch der Frauen selbst?

Dass ein Gleichgewicht bislang nicht erreicht wurde, hat vielfältige strukturelle und individuelle Ursachen. Neben polarisierenden Instrumenten wie gesetzlich verankerten Quoten begegnet man häufig einer unternehmensseitigen Abwehrhaltung: „Wir würden ja, aber unsere Mitarbeiterinnen wollen nicht.

So nachvollziehbar diese Aussage auf den ersten Blick erscheinen mag – sie birgt die Gefahr, strukturelle Barrieren zu ignorieren und Verantwortung auf das Individuum zu verlagern. Ganz im Sinne eines symbolischen „Genderwashings“ darf es daher nicht beim bloßen Bekenntnis zur chancengerechten Entwicklung bleiben.

Die entscheidende Frage lautet: Wie können Unternehmen Bedingungen schaffen, die Führungsverantwortung tatsächlich ermöglichen?

Auf ein komplexes Problem gibt es bekanntlich keine einfache Antwort – aber eine wirksame Möglichkeit möchte ich (als natürlich absolut unvoreingenommene wissenschaftliche Mitarbeiterin einer Universität) betonen: Weiterbildung dient als Hebel für Unternehmen.

Gerade in stark regulierten und wissensintensiven Branchen wie der Finanz- und Versicherungswirtschaft ist Weiterbildung ein zentraler Hebel. Mitarbeitende mit aktuellen regulatorischen, technischen und kommunikativen Kompetenzen bieten einen klaren unternehmerischen Mehrwert.

In wirtschaftlich angespannten Zeiten ist Weiterbildung jedoch häufig das Erste, woran gespart wird – weil sie als „wichtig, aber nicht dringend“ gilt. Das ist ein Trugschluss. Weiterbildung steigert nicht nur die Qualität, sie stärkt auch die Bindung ans Unternehmen.

Für viele Frauen – insbesondere in qualifizierten Positionen – ist der Zugang zu Weiterbildung weniger eine Frage der Kosten, sondern der zeitlichen Verfügbarkeit. Arbeitgeber, die nicht nur finanziell unterstützen, sondern auch zeitliche Flexibilität ermöglichen, erhöhen ihre Attraktivität – und ihr Entwicklungspotenzial.

Weiterbildung bildet, stärkt die Sichtbarkeit und erhöht die Bereitschaft, Führungsverantwortung zu übernehmen.

Warum ist Weiterbildung für Unternehmen ein so entscheidender Hebel?

Zeit in Weiterbildung zu investieren, bedeutet nicht nur fachliche Stärkung, sondern auch persönliches Wachstum. Dafür lohnt es sich, Raum zu schaffen.

Eine ewige To-Do-Liste, Care-Arbeit, ständige Erreichbarkeit und Mitmenschen, die von uns abhängig sind: Und trotzdem darf es in Ordnung sein, gelegentlich aus dem Alltag auszubrechen, um sich alle paar Wochen mal ein paar Stunden Zeit für die eigene Entwicklung und Karriereförderung zu nehmen.

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