Die EZB hat ihre drei Leitzinssätze jeweils um 0,5 Prozentpunkte angehoben. Das hat triftige Gründe. Die Gefahr der Lohninflation infolge starker Gewerkschaften ist allgemein bekannt. Aber ein Faktor wird derzeit von den Märkten sehr unterschätzt, nämlich der inflationstreibende Rohstoffhunger Chinas im Aufschwung. 2022 kühlte Chinas BIP-Wachstum infolge der zahlreichen Corona-Lockdowns von 8,4 Prozent im Vorjahr auf drei Prozent ab. Das war der zweitniedrigste Wert seit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik Ende der 1970er-Jahre und weit unter dem Regierungsziel von 5,5 Prozent. Vor allem im zweiten Quartal 2022 ist das BIP-Wachstum Chinas fast zum Erliegen gekommen. Eine schwächere Rohstoffnachfrage führte zu rückläufigen Öl und Industrierohstoffpreisen, denn China zählt als „verlängerte Werkbank“ zu den weltweit größten Öl- und Rohstoffimporteuren. 2020 war China nach den USA bereits der zweitgrößte Verbraucher von Rohöl. Fährt China nach dem Ende der jüngsten Corona-Maßnahmen bzw. im Zuge der „Wiedereröffnung der Wirtschaft“ die Produktion hoch, dann kommt es von chinesischer Seite zu massiven Vorratskäufen von Öl- und Rohstoffen und andere asiatische Länder wie Vietnam und Indien beginnen ebenfalls damit, sich mit Rohmaterialien einzudecken. In der Folge kann eine Preisexplosion bei Erdöl, Erdgas und Industrierohstoffen einsetzen und damit beginnt der nächste Inflationsschub. Betrachtet man vergangene Hochinflationsphasen, so gab es häufig einen zweiten Inflationsschub.
EZB voll im Inflationsbekämpfungsmodus
Den aktuellen Inflations-Risiken ist sich der EZB-Rat offensichtlich bewusst. Eine konkludente Handlung war vor allem die Anhebung aller drei Leitzinssätze um weitere 50 Basispunkte. Eine weitere Anhebung im gleichen Ausmaß im März ist bereits faktisch soviel wie beschlossen. Damit würde der Hauptrefinanzierungssatz von 3,00 weiter auf 3,50 % steigen – schlecht für Schuldner, aber traumhaft für Sparer. An den Bondmärkten wird es indessen rauher. Nun werden die akkumulierten Anleihenbestände langsam wieder abgestoßen. O-Ton der Pressemitteilung: „Der EZB-Rat hat heute auch die Modalitäten für die Verringerung der Wertpapierbestände des Eurosystems im Zusammenhang mit dem Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme – APP) beschlossen. Wie im Dezember angekündigt, wird sich das APP-Portfolio von Anfang März bis Ende Juni 2023 monatlich im Durchschnitt um 15 Milliarden Euro verringern. Das anschließende Tempo des Portfolioabbaus wird im Zeitverlauf festgelegt“.
Weiterer Korrekturbedarf für Aktien und Anleihen
Am Kapitalmarkt kann noch keine Entwarnung gegeben werden, zumal der China-Faktor derzeit völlig unterschätzt wird. Vorsichtige Anleger parken ihr Geld in besonders kurzen Laufzeiten oder setzen auf attraktiv verzinste täglich fällige Gelder diverser (Online)Banken, die auf das Einlagengeschäft spezialisiert sind. Zwei Prozent p.a. auf drei Monate für Neukunden und danach 1,25 Prozent p.a. sind nicht schlecht und aus den aktuell zwei Prozent p.a. auf 12 Monate könnten bis Sommer eventuell schon drei Prozent p.a. werden, weshalb sich bei diesem bekannten Institut schon ein zwischenzeitliches Parken am täglich fälligen Konto lohnen könnte. Darüber hinaus sollten Geldbestände aus Prinzip mit Edelmetallen abgesichert werden. Selbst nur zehn Prozent Gold (Bullion-Münzen und Barren) wären eine pragmatische Lösung.