Dr. Andreas Meyerthole, Geschäftsführer MSK
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Zins schlägt Inflation

Meyerthole Siems Kohlruss

„Erstmals seit der Einführung des neuen Aufsichtsregimes im Jahr 2016 sind sowohl die Eigenmittel als auch die Kapitalanforderungen rückläufig“, sagt Dr. Andreas Meyerthole, Geschäftsführer der aktuariellen Beratungsfirma Meyerthole Siems Kohlruss (MSK). „Zinseffekte schlagen deutlich stärker durch als Inflation“. MSK hat die SFCR-Berichte von 173 Versicherern nach ihrer Veröffentlichung am 11. April 2023 maschinell ausgelesen und intensiv ausgewertet.

In der durchgeführten Analyse, die nach Validierung mehr als 90 Prozent des Marktvolumens der Schaden und- Unfallversicherer im deutschen Erstversicherungsmarktes umfasst, sind sowohl die Eigenmittel um 3 Prozent auf ca. 116 Mrd. Euro als auch die Kapitalanforderungen um 4 Prozent auf ca. 44 Milliarden Euro gesunken.

Die Bedeckung hat sich dabei leicht um 3 Prozentpunkte auf 263 Prozent verbessert. Wie in den Vorjahren sind Versicherungsvereine deutlich besser kapitalisiert als Aktiengesellschaften und haben sogar im Mittel von 377 Prozent auf 395 Prozent zugelegt.

So sind die Besten Schätzwerte für die Schadenrückstellungen von 2021 auf 2022 brutto um 5 Prozent zurückgegangen. Insgesamt übersteigt damit der Diskontierungseffekt aus dem Zinsanstieg die eingerechnete Inflation erheblich.

„Von der auch seitens BaFin geforderten Einrechnung der Inflation in die Schadenrückstellungen bleibt in den Berichten nichts mehr übrig“, kommentiert Dr. Meyerthole. Besonders deutlich wird dieser Effekt in der Sparte KH, die mit einer fast 2,5 Milliarden Euro niedrigeren Schadenrückstellung abschließt.

„In der nach Vorsichtsprinzip aufzustellenden HGB-Bilanz werden diese Effekte jedoch wegen des Diskontierungsverbotes nicht zu sehen sein“, erklärt Ralf Assenmacher, leitender Berater bei MSK.  Auch die Prämienrückstellungen sind rückläufig. Nach Einschätzung von MSK impliziert dies einen positiven Ausblick der Branche auf das Jahr 2023, ist doch die Einschätzung des Geschäftsverlaufes in 2023 der wesentliche Treiber für die Prämienrückstellung. „Auch hier ist dieser Effekt im Wesentlichen auf die starken Diskontierungseffekte z.B. in KH zurückzuführen, während die Prämienrückstellungen z.B. für Kasko dagegen aufgrund der Inflation steigen“, ordnet der leitende MSK-Berater Daniel Schoberl ein. Insgesamt werden somit auf der Passivseite durch die gestiegenen Zinsen Eigenmittel generiert, die allerdings durch die Marktwertverluste auf der Aktivseite überkompensiert werden. Traditionell sind die deutschen Versicherer in festverzinsliche Anlagen investiert, deren Marktwert zum Jahresende um 14 Prozent nachgegeben hat.

Aufgrund des Markwertprinzips unter Solvency II sind diese Verluste unmittelbar auszuweisen, während sie in den Handelsbilanzen in der Regel nicht zu bilanzieren sind. „Dass die Kapitalanforderungen trotz Inflation nicht gestiegen sind, ist nach Einschätzung von MSK ebenfalls auf die gesunkenen Marktwerte der Kapitalanlagen zurückzuführen“, merkt Schoberl an. Zwar steigt das versicherungstechnische Risiko um 3%, allerdings sinkt das Marktrisiko insgesamt um 15 Prozent. „Der Effekt ist aber auch der Einfachheit des Standardmodells geschuldet, in dem das Risiko eines weiteren Wertverlustes proportional zu den aktuellen Marktwerten ermittelt wird und diese sind nun mal zum Jahresende 2022 erheblich gesunken“, erklärt Dr. Meyerthole.

 

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