Die jüngste und zehnte hintereinander folgende Leitzinserhöhung der Fed um nun weitere 25 Basispunkte auf 5,00 bis 5,25 Prozent war von den Märkten weitgehend eingepreist worden, weshalb dies am Kapitalmarkt wie einen Nonevent behandelt wurde. Schon zuvor war dieses Ereignis zu rund 90 Prozent in den Futures-Preisen enthalten. Eine erste Leitzinssenkung wird bereits für die Sitzung am 26. Juli 2023 mit einer Wahrscheinlichkeit von 36,3 Prozent eingepreist und für den 20. September 2023 sogar mit 76 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, dass bis dahin die Leitzinsen auf 4,50 bis 4,75 Prozent gesunken sind wird mit 25,4 Prozent Wahrscheinlichkeit eingepreist und bis Ende 2024 sind Leitzinsen im Bereich 2,50 bis 3,25 Prozent wahrscheinlich.
Unsichere Aussichten aber Zinssenkungshoffnung
Die Hintergründe: In der Pressekonferenz nach der Zinsentscheidung am 3. Mai teilte Fed Chairman, Jerome Powell, mit, dass vor der nächsten Zinsentscheidung die Entscheidungsträger des Offenmarktausschuss eine kumulative Straffung der Geldpolitik berücksichtigen und die Tatsache, dass geldpolitische Maßnahmen gewöhnlich erst mit einer Zeitverzögerung wirken.
Eine nach wie vor hohe Inflationsrate von 5,0 Prozent im März (Inflationsziel der Fed bei 2 %) und ein robuster Arbeitsmarkt als potenzieller Treiber der Löhne und Teuerung veranlassen aber Powell während der Pressekonferenz zu Aussagen wie diese: „Wir sind bereit, noch mehr zu tun, falls eine geldpolitische Straffung geboten sein sollte“. Laut Powell gehe die Inflation nur langsam zurück was zu bedeuten hätte, „dass es nicht angemessen wäre, die Zinsen zu senken“.
Als außenstehender Beobachter etwas kritischer sieht dies Jack McIntyre, Portfoliomanager, Brandywine Global, Teil von Franklin Templeton: „Es überrascht nicht, dass es keine Garantie für eine Pause gibt, aber wir gehen davon aus, dass dies auf der Fed-Sitzung im Juni geschieht. Bis dahin werden zwei weitere Arbeitsmarktberichte und zwei weitere VPI-Veröffentlichungen vorliegen, die alle wichtige Wirtschaftsdaten darstellen. Es zeichnet sich eine Art perfekter Sturm ab, bei dem die kumulativen und verzögerten Auswirkungen der traditionellen geldpolitischen Straffung mit den unmittelbaren Auswirkungen einer Kreditverknappung zusammenkommen“. Andererseits geht der Schwellbrand im Bankensystem weiter. Die zweitgrößte Bankenschieflage der US-Geschichte, First Republic mit einer Bilanzsumme von rund 220 Mrd. USD ist diesbezüglich ein Alarmsignal, zumal das Kernproblem jüngster Bankenpleiten in zu hohen Zinsen liegt (Enorme Anleihenkursverluste). Notfallszinssenkungen sind bei weiteren Großbankenpleiten möglich.