Gemäß der Schnellschätzung von Eurostat ist im Euroraum die Inflationsrate von Juli auf August von 2,6 auf 2,2 Prozent gesunken. Das ist auf den ersten Blick positiv, da die Zielinflation der EZB bei 2 Prozent liegt. Doch der HVPI ohne die volatilen Komponenten Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak ging lediglich von Juli auf August von 2,9 auf 2,8 Prozent zurück. Noch waren die Industriegüter ohne Energie und vor allem die Energiepreise (9,91 % im HVPI gewichtet) die wichtigsten Inflationsdämpfer. Die Energiepreise waren nach einem Plus von 1,2 Prozent im Juli im August um 3 Prozent rückläufig. Auf der anderen Seite ist das Thema Lohninflation noch nicht ganz vom Tisch, denn die Arbeitslosenquote liegt im Juli mit 6,4 Prozent auf einem Rekordtief seit Euro-Einführung 1999. Schon alleine als Folge jüngster Lohnerhöhungen verteuerten sich Dienstleistungen im Euroraum im August um 4,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat (Juli: +4,0 %). Gleichzeitig ist gerade ein wichtiger Inflationsdämpfer dabei, an „Gegenkraft“ einzubüßen
Inflationsdämpfer aus der Industrie wird teurer
Bereits seit 26 Monaten steckt die Industrie des Euroraums in der Rezession. Eigentlich müsste das für starke Leitzinssenkungen sprechen, gäbe es laut Einkaufsmanager-Index-Daten (HCOB Composite PMI® Eurozone von S&P Global) nicht seit Juni einen Anstieg der Einkaufspreise und den Umstand, dass es den Industrieunternehmen im Euroraum gelungen ist, im August erstmals seit April 2023 ihre Verkaufspreise anzuheben. Ein ähnliches Bild zeigen auch die von Eurostat veröffentlichten Erzeugerpreise in der Industrie auf dem Inlandsmarkt, die im Juli erstmals nach einer Reihe rückläufiger Monate auf Jahresbasis um 0,2 Prozent anstiegen (Mai und Juni noch jeweils minus 0,5 bzw. minus 0,2 %). Bis dato waren die Preise für Industrieprodukte die Inflationsdämpfer. Fällt mittelfristig dieser Dämpfer aus und steigen die Dienstleistungstarife weiter kräftig an, dann könnten höhere Kerninflationsraten zukünftig die EZB im erwarteten Leitzinssenkungstempo bremsen. Bleiben aber die Leitzinsen der EZB zu lange auf zu hohem Niveau, erhöht dies die Rezessionsgefahr und gleichzeitig auch das Risiko von Finanzmarktturbulenzen.