Die Industriellenvereinigung (IV) sieht in ihrer aktuellen Konjunkturumfrage zarte Anzeichen einer wirtschaftlichen Wende. Erstmals seit eineinhalb Jahren liegt das IV-Konjunkturbarometer wieder im positiven Bereich. Doch von einer echten Trendwende kann noch keine Rede sein – die Industrie steht weiterhin unter Druck, fordert aber gezielte Impulse und Strukturreformen, um die zögerliche Erholung abzusichern und zu beschleunigen.
Industrie am Wendepunkt – aber noch nicht im Aufschwung
Nach einer wirtschaftlich belastenden Durststrecke von drei Jahren scheint die österreichische Industrie allmählich den Tiefpunkt zu erreichen. Das IV-Konjunkturbarometer steigt auf +1,8 Punkte – ein erster Lichtblick nach einer langen Phase negativer Werte. Die Einschätzungen zur aktuellen Geschäftslage verbessern sich, und auch die Erwartungen für die kommenden sechs Monate sind erstmals leicht positiv.
„Die Talsohle ist in Sicht“, kommentiert IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. „Aber der Weg heraus aus der Stagnation ist kein Selbstläufer. Es braucht gezielte, rasche Maßnahmen – vor allem in der Industriepolitik –, um die fragile Stabilisierung nicht gleich wieder zu gefährden.“
Neumayer verweist insbesondere auf neue handelspolitische Risiken wie die verschärfte Zollpolitik der USA, die den außenwirtschaftlich orientierten Industriestandort Österreich zusätzlich belasten.
Von der Seitwärtsbewegung zum Aufschwung: Politik in der Pflicht
Für IV-Chefökonom Christian Helmenstein ist das aktuelle Stimmungsbild ein „statistisches Lebenszeichen“, nicht aber ein Zeichen für nachhaltigen Aufschwung. „Ohne wirtschaftspolitischen Befreiungsschlag – insbesondere bei steuerlichen und regulatorischen Belastungen – wird aus der Rezession bestenfalls eine zähe Seitwärtsbewegung“, warnt Helmenstein. Er fordert ein klares industriepolitisches Programm, das Investitionen erleichtert, Standortbedingungen verbessert und neue außenwirtschaftliche Partnerschaften aktiv mitgestaltet.
Industriepolitik mit Weitblick gefordert
Die IV sieht kurzfristige Maßnahmen wie beschleunigte Abschreibungen als geeignet, Investitionen rasch zu fördern. Mittelfristig plädiert sie für eine Industriestrategie, die Arbeit, Energie und Bürokratie entlastet, Spielräume für Reformen schafft und Zukunftstechnologien stärkt.
„Die Zuversicht kehrt nur zurück, wenn Unternehmen wieder Vertrauen in stabile Rahmenbedingungen haben“, betont Neumayer. „Das Ziel muss sein, Österreichs Industrie international wieder konkurrenzfähig zu machen – wirtschaftlich wie politisch.“
Fazit: Zwischen Hoffnung und Handlungsbedarf
Die Ergebnisse der aktuellen IV-Konjunkturumfrage sind ein vorsichtiges Signal – kein Anlass zur Selbstzufriedenheit. Die Industrie zeigt erste Zeichen von Stabilisierung, doch geopolitische Unsicherheiten und strukturelle Schwächen bleiben eine ernste Herausforderung. Die IV richtet deshalb einen deutlichen Appell an die Politik: Jetzt ist der Moment, industriepolitische Verantwortung zu übernehmen – bevor sich das zarte Pflänzchen wirtschaftlicher Hoffnung wieder verliert.