risControl sprach mit dem WIFO-Versicherungsexperten Dr. Thomas Url über große Themen der Versicherungswirtschaft, wie Katastrophenversicherungsschutz, kapitalgedeckte Vorsorge oder die Unterdeckung in der Lebensversicherung.
Welche Auswirkungen hat die Inflation auf die Versicherungswirtschaft?
In der Schadensversicherung gibt es zwei gegenläufige Effekte. Der eine ist die Erhöhung der Prämien aufgrund indexierter Prämien, was das Prämienvolumen im Bestand erhöht. Im Vertrieb hängt es davon ab, wie überproportional zur Einkommensentwicklung die Prämien ansteigen. Wenn die relativen Preise von Versicherungsprämien gegenüber anderen Schutzformen, zu stark steigen, wird dies für die Versicherungsnachfrage dämpfend wirken. Wenn sich Versicherungen, relativ zu anderen Schutzmaßnahmen vergünstigen, würde ich einen positiven Effekt erwarten.
Es steigen sowohl die Preise der Prämien als auch die Leistungskosten für Versicherungen aufgrund der gestiegenen Reparaturkosten. Sehen Sie ein Risiko für Versicherer, dass die Schadensseite stärker wächst als die Ertragsseite?
Nicht unbedingt. In den letzten fünf bis zehn Jahren ist die Schadensquote tendenziell gesunken. Daher kann angenommen werden, dass es kein großes Problem gibt, wenn die Schadenssummen pro Fall ansteigen. Die Schadenssummen werden vermutlich überproportional zur Inflationsrate ansteigen, weil die Reparaturen personalintensiv sind. Die aktuellen Kollektivvertragsabschlüssen zielen auf die vergangene Gesamtinflation ab, und nicht auf eine auf Energiepreise bereinigte Inflation (Kerninflation), die deutlich niedriger ist. Der Haupttreiber der Inflation verschiebt sich daher von den Energiepreisen auf die Lohnkosten, was einen Druck auch auf die arbeitsintensiven Reparaturen z.B. im Kfz-Bereich macht.
Was dann auch wieder die Prämien ansteigen lässt?
Wenn dies Eins zu Eins überwälzbar ist an die Konsumenten, ja. Und das ist durchaus möglich, weil die Löhne sehr stark angepasst werden in den nächsten Jahren.
Welche Auswirkungen haben die Zinserhöhungen, vor allem bei der Lebensversicherung?
Die Leitzinsanhebungen und die damit verbundene Steigerung der Anleihezinssätze (Steigerung der 10-jährigen Benchmarkzinssatz) sind ein Problem, die zu Verlusten im Veranlagungsportfolio der Versicherer führten und so wie es jetzt aussieht wird sich dieses Problem 2023 fortschleppen. Da sehe ich von der Ertragsseite in der Lebensversicherung das Problem, dass die Kursverluste Mark to Market schlagend werden. Wenn man sie bis zum Ablauf hält, macht es nichts. In der Darstellung nach Außen und in der Gewinnzuteilung wird das heurige Jahr ein bisschen vorsichtiger gestaltet werden.
Wenn man sich die Lebensversicherungen ansieht, sieht man grundsätzlich einen rückläufigen Trend bei den Prämien. Wird sich das fortsetzen?
Nein. Der Niedergang der klassischen Lebensversicherung ist teilweise regulierungsbedingt, durch den hohen Eigenmittelbedarf, den man für Garantieprodukte braucht, teilweise auch durch die Renditelandschaft. Menschen wollen sich in einer Nullzinsphase nicht binden. Die Veranlagungsformen, die nicht zu toppen waren, waren ungebundene Bankeinlagen. Die Leute haben ihr Geld in Girokonten geparkt, in der Hoffnung, dass wenn die Zinssteigerung stattfindet, wie im letzten halben Jahr, man verlustfrei aussteigen kann. Diese Sicherheit, dass ich nichts verlieren kann, wenn ich am Konto mein Geld liegen habe, hatte einen sehr hohen Wert. Das wird sich verschieben. Wir sehen jetzt schon deutlich, dass bei den Bankeinlagen die täglich fälligen Gelder…
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