In der Praxis kommt es oftmals zu unterschiedlichen Auslegungen zur Frage, wer für das Verschulden eines Versicherungsagenten zu haften hat: Der Versicherer oder der Versicherungsagent selbst. Daher finden sich mitunter unklare Regelungen in vorgelegten Agenturverträgen, deren Konsequenzen wohl erst im Schadensfall zu Tage treten werden. Ziel dieses Beitrags ist es daher, eine branchenweite Diskussion über das Thema anzuregen, an die grundlegende Rechtsmaterie des ABGBs zu erinnern und Problembewusstsein für das Thema zu schaffen. Sowohl auf Seiten der Versicherer, aber auch der Versicherungsvermittler (Tipp: Nicht alles ungeprüft unterschreiben, was vorgelegt wird).
Aktuelle Frage aus der Praxis: Darf Versicherer die Haftung für den Agenten im Agenturvertrag auf die Höhe der gesetzlichen Mindestversicherungssumme beschränken? Und damit die uneingeschränkte Haftung für den Agenten nach § 1313a ABGB einschränken?
Gelegentlich hört man in Gesprächen, dass der Versicherungsagent über eine eigene Haftpflichtversicherung verfüge und daher selbst zu haften habe. Vielleicht war diese Überlegung der Grund, warum ein großer Versicherer in einem kürzlich vorgelegten Agenturvertrag folgende Passage aufgenommen hat: …. dass der Versicherer „bis auf weiteres die uneingeschränkte Haftung gemäß § 137c Abs 2 GewO bis zur Höhe der gesetzlichen Mindestversicherungssummen…“ übernimmt.
Hinweis zu § 137c Abs 2 GewO: Hier nimmt man auf die in der Gewerbeordnung vorgeschriebene Haftpflichtversicherung des Agenten Bezug. Obige Passage im Agenturvertrag hätte zur Folge, dass die Haftung des Versicherers auf 1,250 Millionen Euro pro Schadensfall und auf 1,850 Millionen Euro für alle Schadensfälle eines Jahres begrenzt wäre.
Diese Einschränkung der Haftung auf die Höhe der gesetzlichen Mindestversicherungssummen widerspricht ganz klar dem Grundsatz nach § 1313a ABGB.
Was steht im § 1313a?
„Wer einem andern zu einer Leistung verpflichtet ist, haftet ihm für das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters sowie der Personen, deren er sich zur Erfüllung bedient, wie für sein eigenes.“
Die Folge dieses Paragraphen: Der Versicherer haftet für den Agenten und zwar uneingeschränkt.
Achtung: Das ist kein theoretischer Streit, um des Kaisers Bart, sondern kann dramatische finanzielle Auswirkungen haben. In Sendungen wie etwa „Bürgeranwalt“, wird immer wieder um die finanziellen Folgen nach Unfällen zwischen Anwälten, Versicherungen und Sachverständigen gestritten. Sollte jemand nach einem Unfall schwer behindert und damit aus dem Beruf gerissen worden sein, wird man viele Jahre kostspielige Behandlungen brauchen. Das kann zu Millionen-Forderungen der Geschädigten führen. Weil neben Verdienstentgang vieler Jahre, die zu erwartenden Behandlungskosten, die vielleicht künftig auftretenden gesundheitlichen Folgen und deren Behandlung, den behindertengerechten Umbau der Wohnung, etc. kalkulieren muss.
Wenn nun ein Fehler des Versicherungsvermittlers und ein oben skizzierter Unfall passiert sein sollte, dann darf sich der Versicherer nicht auf die im Agenturvertrag vorgeschriebene maximale Höhe der Haftpflichtversicherung zurückziehen. So eine Haftungs-Einschränkung erlaubt §1313a nicht!
Lesen Sie mehr dazu in der Februar Ausgabe von risControl Print.