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Langfristige Inflationserwartungen von Verbrauchern und Experten widersprechen sich

Von Tomasz Wieladek, Chief European Economist bei T. Rowe Price

Die EZB hat heute Morgen die Ergebnisse ihrer Verbraucherumfrage für Juni veröffentlicht. Der Median der Konsumentenerwartungen für das kommende Jahr fiel von 3,9 Prozent  im Mai auf 3,4 Prozent im Juni. Wichtig zu erwähnen ist dabei, dass die dreijährigen Inflationserwartungen von 2,5 Prozent im Mai auf 2,3 Prozent im Juni gesunken sind. Diese Entwicklung ist für sich genommen positiv zu werten. Sie zeigt, dass sich die Inflationserwartungen der Verbraucher allmählich dem mittelfristigen Ziel der EZB annähern. Dies würde für eine Zinspause im September sprechen, sofern die Juli-Umfrage, die vor der September-Sitzung der EZB veröffentlicht wird, einen ähnlichen Trend zeigt.

Allerdings ist dies nicht der einzige Indikator für die Inflationserwartungen, der von den Entscheidungsträgern der EZB berücksichtigt wird. In der jüngsten Umfrage, die erst vor eineinhalb Wochen veröffentlicht wurde, haben die Experten ihre langfristige Schätzung für die Kerninflation von 2 Prozent auf 2,1 Prozent angehoben. Zudem steigt der von der EZB bevorzugte Finanzmarktindikator für die mittelfristigen Inflationserwartungen, der 5-Jahres-Inflationsswap, weiter an und durchbricht nun historische Höchststände seit Einführung des Euro.

Während die Veröffentlichung von heute Morgen die Argumente der „dovishen“ Anhänger für eine Pause im September stützen wird, sprechen die anderen Messgrößen für die Inflationserwartungen stark für eine Anhebung, was den Wunsch der „Falken“ nach einer weiteren Anhebung begünstigt. Die nächsten wichtigen Daten in diesem Monat sind die Veröffentlichung des ausgehandelten Lohnwachstums durch die EZB im Laufe des Augusts und die Inflation für August 2023 am Ende des Monats. Bislang bin ich der Meinung, dass die Anzeichen für eine Zinserhöhung im September im Hinblick auf die Inflationserwartungen, die Widerstandsfähigkeit des Wachstums und die tatsächliche Inflationsstabilität weiterhin für eine Zinserhöhung sprechen.

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