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Sommerlicher Hitzetod – Prigoschins Hölle – Atomarer Feuerball

von Thomas Beckstedt

Wir sitzen in Kurts Wohnzimmer (es ist Sonntag, der 6. August) und reden hauptsächlich darüber, warum es mitten im Sommer so erbärmlich kalt ist. Kurt seufzt frustriert: „Die Temperaturen sind viel zu niedrig für die Jahreszeit, ein Wahnsinn!“ Dann, mit unverhohlenem Zynismus in der Stimme: „Soll ich ein paar klimaneutrale Holzscheite in den Ofen schmeißen? Du weißt schon: Holz setzt nur gespeichertes CO2 frei, das von einem ständig wachsenden Wald wieder absorbiert wird. Ein immerwährender Kreislauf und ‚nachhaltig‘, wie man so schön sagt. Fast wie Friedrich Nietzsches Ewige Wiederkunft des Gleichen!

„Gute Idee“, erwidere ich langsam. „Ich helfe dir beim Einheizen, das wird mich ein wenig aufheitern. Irgendwie macht mich das Wetter ganz trübsinnig.“ Also gehen wir in Kurts Kellerstüberl, wo ein massiver Schwedenofen steht, und schüren das Feuer. Als es endlich lustig brennt, sage ich: „Ehrlich, Kurt, bei dieser Wildschweinkälte, die einen ausgewachsenen Löwen binnen Stunden tötet, könnte man glatt am Klimawandel zweifeln. Da reden sie dauernd vom sommerlichen Hitzenotstand und Hitzetod, und jetzt hocken wir da und wärmen uns Anfang August die klammen Finger …“

In diesem Moment richtet sich Kurt zu seiner vollen Größe auf und hebt mahnend den rechten Zeigefinger wie ein strenger Schullehrer aus längst vergangenen Zeiten. „Zweifle nicht am Klimawandel!“, ruft er mit gespielter Entrüstung. „Und auch nicht daran, dass die weise und umsichtige europäische Politik am Ende die Welt und die Menschheit rettet.“ Kurt beginnt böse zu grinsen: „Wenn du zweifelst und dumme Witze über dieses heikle Thema reißt, wirst du am Ende deines Lebens nicht über die prächtige Regenbogenbrücke in das grüne Paradies eintreten, das vollständig klimaneutral und zudem hundertprozentig vegan ist! Wenn du zweifelst und nicht wahrhaftig verinnerlichst, was dir die Megaphone gewisser Mainstream-Medien Tag für Tag ins Gehirn hämmern, kommst du am Ende in die Hölle, die mit russischem Erdöl und Gas gnadenlos aufgeheizt wird, wo von früh bis spät Musik von Richard Wagner ertönt und Jewgeni Prigoschin schon zum Frühstück Krimsekt serviert. Immer nur Krimsekt! Sonst gibt’s dort nichts zu trinken. Und als Freizeitprogramm stehen nur zwei Aktivitäten zur Auswahl: Kalaschnikow-Schießen und Handgranaten-Werfen!“

„Oh, Mann“, ist meine Antwort. „Wie kommst du nur auf solche Ideen …?“

Kurt grinst. „Gönnen wir uns einen kleinen Seelenwärmer“, sagt er schließlich, nachdem er ein weiteres Holzscheit in den Ofen gelegt hat. Er holt eine Flasche und zeigt mir die Etikette. „Hier, mein Freund, Wodka vom Feinsten! Selbstverständlich aus Finnland! Schließlich will ich die perfekt durchdachten Sanktionen gegen den russischen Bären nicht untergraben und wegen ein paar Schluck Alkohol in die Hölle einfahren! Das wäre doch wirklich sehr unvernünftig, nicht wahr?“ Kurt greift zu zwei Wassergläsern, die er bis zur Hälfte füllt. „Also dann: Auf alles, was wir lieben!“ Er führt sein Glas an die Lippen und leert es ohne abzusetzen. Ich tue es ihm gleich und beginne zu stöhnen. „Puh, ist der stark! Ein echtes Teufelszeug − Himmelherrgott!“

Nach zwei weiteren Gläsern sagt Kurt unvermutet: „Aber der Sommer ist noch lange nicht vorbei: Die Hitze kommt zurück! Da, dieses lokale Käseblatt, das man mir unaufgefordert in den Briefkasten gestopft hat, weiß es ganz genau.“ Er wirft besagte Zeitung vor mir auf den Tisch. „Und sie geben auch wertvolle Tipps unter der Überschrift: Die nächste Hitzewelle droht! – Sieh nur, hier steht es: Wenn es draußen heiß ist, schreiben sie, soll man tagsüber die Fenster schließen und sie abdunkeln, die Luftfeuchtigkeit senken und sich außerdem leicht kleiden! Ehrlich, auf diese Idee wäre ich niemals gekommen! Trinken wir noch einen?“

„Na klar doch, ist eh schon egal!“ Wir trinken noch einen, während der Schwedenofen glüht und mir allmählich Schweißperlen auf die Stirn treten. „Ich hoffe nur“, fällt mir plötzlich ein, „dass die Hitze nicht allzu schlimm wird, denn Hitze macht bekanntlich aggressiv! Messerstechereien wegen Streit um Parkplätze oder Schießereien, weil irgendwelche Typen etwas Falsches gesagt haben und die anderen Typen wegen der Hitze schon kurz vor dem Überkochen sind. Hast du den Roman Der Fremde von Albert Camus gelesen?“

Kurt überlegt eine Weile. „Ist das die Geschichte von dem Franzosen, der in Algerien einen Araber erschießt, weil die Sonne so grausam auf seinen Kopf brennt und alles vor seinen Augen zu flimmern beginnt?“ „Nun, in Camus′ Roman geht es schon um ein wenig mehr“, erwidere ich freundlich, „aber du bist absolut auf der richtigen Fährte.“

Kurt nickt bedächtig. „Tja“, sagt er schließlich, „dann hoffen wir mal inständig, dass die aktuellen globalen Machtzentren von keiner allzu heftigen Hitzeperiode heimgesucht werden – und falls ja, dass in den diversen Regierungsgebäuden die Klimaanlagen nicht ausfallen. Weißt du, es gibt zurzeit ja etliche Personen der Weltpolitik, die das Potenzial haben, einem das Fürchten zu lehren. Aber die meisten Sorgen mache ich mir ehrlich gesagt wegen dem etwas älteren US-Präsidenten. Nicht weil er dauernd hinfällt, sondern weil er oft verwirrt zu sein scheint und wichtige Dinge durcheinanderbringt. In einer seiner Ansprachen verwechselt er die Ukraine mit dem Irak, dann begrüßt er Menschen, die gar nicht da sind, weil sie, wie er wissen müsste, längst verstorben sind − oder er findet den Weg vom Rednerpult nicht zurück zu seinem Beraterstab. Und jetzt frage ich mich, ob wir ausschließen können, dass besagter betagter US-Präsident eines Nachts, weil er ihm so unerträglich heiß ist, irrtümlich den roten Knopf drückt und die US-Atomraketen startet − obwohl er eigentlich den blauen Knopf drücken wollte, damit das allgegenwärtige Ärzteteam, das auch über seinen Schlaf mit Sauerstoffmaske wacht, ihm kühle Luft zufächelt. Was würde der alte Mann hinterher wohl sagen, falls er nicht ohnedies kurz darauf in einem thermonuklearen Gegenschlag verglüht? − Nun, möglicherweise würde er in seiner legendären legeren Ausdrucksweise sagen: Gottverdammt, diese atomare Sauerei war echt nicht mein Plan, aber mir war so entsetzlich heiß, ihr Idioten …!“

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